„Eine taktische Episode im strategischen Kampf um ganz
Deutschland.“
Die Berliner Krise von 1948/49 – Ursachen und historische Bedeutung1 des ersten gefährlichen Höhepunktes in der weltweiten Auseinandersetzung zwischen den USA und der UdSSR.
Dr. Reiner Zilkenat
Das Ziel der folgenden Bemerkungen ist es, den Platz der Berliner Krise 1948/49 im sich entfaltenden Kalten Krieg zu skizzieren. Dabei müssen vor allem die politischen, ökonomischen und militärstrategischen Interessen der USA und der Sowjetunion in den Blick genommen werden.2
Wie definierten diese beiden Staaten, die entscheidend die Niederlage des Hitlerfaschismus im Zweiten Weltkrieg herbeigeführt hatten, ihre zukünftige Rolle in der Welt? Welche politischen Perspektiven billigten sie Deutschland zu? Welche Folgen ergaben sich daraus für ihre Besatzungspolitik? Inwieweit waren sie an der Existenz eines deutschen Staates interessiert – oder dachten sie an separate Staatsgründungen?
Es sei noch einmal hervorgehoben: Die Berliner Krise in den Jahren 1948/49 ist nicht in erster Linie aus der Berliner oder deutschen Perspektive zu erklären, sondern erfordert die Analyse der sich damals vollziehenden, neuartigen weltpolitischen Prozesse. Hier ging es um den sich immer spürbarer durchsetzenden Kalten Krieg, der in Deutschland, und besonders in Berlin, eines seiner wichtigsten Aktionszentren bekommen sollte.3 Auf dem Spiel stand – mit den Worten von Gerhard Keiderling – „die Gesamtheit der Ost-West-Beziehungen“4.
Die ökonomischen Folgen des Zweiten Weltkrieges für die USA und für die Sowjetunion
Am Beginn unserer Überlegungen sollte mit der gebotenen Ausführlichkeit ein Blick auf die wirtschaftliche Lage in den beiden wichtigsten Siegerländern geworfen werden, weil sich daraus manche grundsätzliche Überlegungen hinsichtlich der Interessenlagen der USA und der UdSSR nach der Beendigung des Zweiten Weltkrieges ableiten lassen. Zur Erinnerung: Die USA hatten bereits nach dem Ersten Weltkrieg Großbritannien als weltweit größte Industrie- und Gläubigernation abgelöst. Diese Entwicklung sollte sich nach 1945 weiter ausprägen.5 Als einzige der vier alliierten Siegermächte war das Territorium der Vereinigten Staaten von den Kampfhandlungen des Krieges unberührt geblieben. Die Massenmorde und der alltägliche Terror, ausgeübt von den Einsatzgruppen des Sicherheitsdienstes der SS (SD) und der Gestapo, von der Wehrmacht und den Polizei-Bataillonen vom ersten bis zum letzten Tag der Nazi-Okkupation, blieb den USA ebenso erspart wie die Bombenangriffe der Göringschen Luftwaffe. Desgleichen die hemmungslose Ausplünderung der landwirtschaftlichen Ressourcen und der Bodenschätze, der massenhafte Einsatz von Zwangsarbeitern für die Zwecke der NS-Rüstungswirtschaft, die systematischen Zerstörung von Industrieanlagen und Verkehrswegen, wie sie die Nazi-Wehrmacht bei ihrem Rückzug aus der Sowjetunion anrichtete.
Das alles waren für die US-amerikanische Bevölkerung und ihre politischen Repräsentanten angesichts der Unerreichbarkeit Nordamerikas für die Waffen des faschistischen Deutschlands unbekannte Erfahrungen. Im Gegenteil. Die Rüstungsindustrie des Landes konnte auf Hochtouren produzieren und Waffen, Fahrzeuge, Munition, Kriegsschiffe und Flugzeuge auch an die Alliierten liefern. Bezahlt wurden diese Waffen lange Zeit mit dem Blut der britischen Soldaten sowie – ab 1941 – von Millionen gefallener Rotarmisten.6 Im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges waren die USA als einzige Großmacht ökonomisch gestärkt hervor gegangen. In den Tresoren ihrer Zentralen Notenbank lagerten mehr als die Hälfte aller Goldreserven, auch die Devisenreserven waren die mit Abstand größten weltweit. Deshalb war es folgerichtig, dass der US-Dollar seit 1944 endgültig die Rolle der unangefochtenen Leitwährung spielte. Zugleich verfügten die USA über zwei Drittel der Industriekapazität der Welt. Ein Drittel aller Exportgüter und etwa drei Viertel des globalen Anlagekapitals stammten aus den Vereinigten Staaten. Sie beherrschten außerdem fast 60 Prozent der Welterdölproduktion.7 Nicht zuletzt waren sie seit 1945 im exklusiven Besitz der Atombombe, deren unvorstellbar verheerende Wirkung in Hiroshima und Nagasaki demonstriert worden war.
Die Sowjetunion hatte dagegen Verluste an Menschen und Ressourcen erlitten, die historisch beispiellos waren. Mehr als 20 Millionen Menschen fielen dem Krieg zum Opfer. Es kam zu Erscheinungen der Verwahrlosung und steigender Kriminalität, nicht zuletzt bei den zahlreichen, elternlos aufwachsenden Kindern.8 Unter den demobilisierten Soldaten befanden sich 2 Millionen Invaliden, darunter fast eine halbe Million mit Arm- oder Beinamputationen. Von Moskau westwärts bis zur Staatsgrenze hatten die faschistischen Truppen eine Zone der Verwüstung hinterlassen. Städte, Dörfer, Fabriken, Förderanlagen, landwirtschaftliche Betriebe und Verkehrswege mussten zum Teil vollkommen neu errichtet werden. Auf dem Lande kam es zu einer Entvölkerung: waren im letzten Friedensjahr 1940 noch 17 Millionen Menschen in den Kolchosen beschäftigt, so war ihre Anzahl bis Anfang 1946 in dramatischer Weise auf 6,5 Millionen abgesunken; zum großen Teil bestand die Landbevölkerung aus Frauen.9 Die ökonomischen Schäden, die von den Nazi-Okkupanten angerichtet worden waren, bezifferten die USA auf circa 36, die Sowjetunion auf 128 Milliarden US-Dollar, zuzüglich Folgeschäden in Höhe von 317 Milliarden Dollar.10
In den ersten Nachkriegsjahren fehlte es oft am Nötigsten – Nahrung, Bekleidung, Brennmaterial, Rohstoffe, medizinische Versorgung, nicht zuletzt an menschenwürdigen Wohnungen.
Zwar wurde zu Beginn der 50er Jahre wieder das Niveau der Industrie-, nicht aber der Agrarproduktion, aus der Vorkriegszeit erreicht und überschritten (siehe die unten stehende Tabelle). Auch unternahm die Regierung der UdSSR große Anstrengungen, um mit Hilfe von zwei aufeinander folgenden Fünfjahresplänen sowie durch eine Währungsreform und die Abschaffung des Kartensystems bei Lebensmitteln und anderen Gütern im Jahre 1948 die Lebensverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger wirksam zu verbessern.11 Bedeutende Ressourcen unterlagen jedoch rüstungswirtschaftlichen Zwängen: Es ging um den für die Sowjetunion unerhört kostspieligen Versuch, das Atomwaffen-Monopol der USA zu brechen. Solange dies nicht realisiert werden konnte, kompensierten die groß dimensionierten Landstreitkräfte, die ebenfalls ihren Preis hatten, das Fehlen der atomaren Bewaffnung.
Indikatoren zur ökonomischen Entwicklung in der UdSSR 1945-1950
1940 1945 1950
Aussaatfläche in Millionen Hektar 151 114 146
Getreidefläche in Millionen Hektar 111 85 103
Futterkulturen in Millionen Hektar 18 10 21
Getreideproduktion in Millionen Tonnen 96 47 81
Rinderbestand in Millionen Stück 55 48 57
Schweinebestand in Millionen Stück 28 11 24
Pferdebestand in Millionen Stück 11,6 4,6
Fleischerzeugung in Millionen Tonnen 4,7 2,6 4,9
Milcherzeugung in Millionen Tonnen 34 26 35
Baumwollerzeugung in Hunderttausend Tonnen ca. 900 ca. 870
Lastkraftwagen in der Landwirtschaft (1.000 Stück) 288 62 283
Traktoren (1.000 Stück) 531 397 595
Erdöl-Förderung in Millionen Tonnen 31 38
Erdgas-Förderung in Milliarden Kubikmeter 3 6 Steinkohle-Förderung in Millionen Tonnen 140 185
Schienennetz in 1.000 Kilometer 106 117
Lederschuhe in Millionen Paar 211 203
Stahlproduktion in Millionen Tonnen 22,4 10,6 22
Quellen: Europa-Archiv, 2. Jg., Juli 1947-Dezember 1947, 4. Folge, S. 925ff.; Adolf Karger, Die Sowjetunion als Wirtschaftsmacht, 3. Aufl., Frankfurt a.M. u. Aarau 1983 (Studienbücher Geographie), S. 24, 48 u. 95; Lothar Rühl, Aufstieg und Niedergang des Russischen Reiches, Stuttgart 1992, S. 514f.
Allein die volkswirtschaftlichen Parameter dokumentieren, dass die Sowjetunion außerstande gewesen wäre, einen Krieg gegen die bis 1949 exklusive Atommacht USA zu führen. Die von den Protagonisten des Kalten Krieges verbreitete Anschauung von der „sowjetischen Gefahr“, ihre Warnungen vor einem geplanten militärischen Angriff der Roten Armee auf Westeuropa, waren frei erfunden. In einer Zeit, wo nicht allein Armeen, sondern Volkswirtschaften Krieg gegeneinander führen, fehlten hierfür alle notwendigen Voraussetzungen. Die Interessen der UdSSR konnten nur darin bestehen, die danieder liegende Ökonomie wieder herzustellen, das Atomwaffen-Monopol der USA möglichst schnell zu brechen, um politisch nicht erpressbar zu werden, und zukünftigen Gefährdungen für die Sicherheit des Landes durch Formen der Zusammenarbeit mit den USA, aber auch mit Großbritannien und Frankreich sowie den anderen Staaten Europas, wirksam vorzubeugen.
Bezogen auf die Besatzungspolitik in Deutschland bedeutete dies eine Orientierung auf solche politische Entscheidungen, die unbedingt sicherstellen sollten, dass künftig von deutschem Boden aus keinerlei militärische Bedrohung für die Sowjetunion entstehen durfte – ein aus den leidvollen Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges verursachtes Trauma, das lange Zeit seine Wirkung in der politischen Führung und in der Bevölkerung entfaltete. Hierin – weniger in ideologischen Gesichtspunkten, die selbstverständlich auch ihre Rolle spielten – ist die Ursache für die von der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) rigide durchgeführte Umsetzung der Potsdamer Beschlüsse hinsichtlich der Bodenreform, der nachhaltigen Zerschlagung der Monopole und der Betriebe anderer Kriegsverbrecher zu erkennen.
Es kam hinzu, dass für die Sowjetunion Reparationen aus Deutschland eine nicht zu ersetzende Bedeutung hatten, zumal die USA sofort nach der Beendigung der Kampfhandlungen 1945 die Lieferung lebenswichtiger Güter in die UdSSR gemäß dem „Leih-und-Pacht-Abkommen“ ohne Vorankündigung gestoppt hatten, eine im Januar 1945 von Seiten der sowjetischen Regierung geäußerte Bitte, einen Kredit in Höhe von 6 Milliarden US-Dollar zu erhalten, dilatorisch behandelt wurde12 und die Sowjetunion seit dem Mai 1946 auch keinerlei Reparationen mehr aus der US-amerikanischen Besatzungszone erhielt.13 Letzteres geschah, obwohl die Repräsentanten der Vereinigten Staaten und Großbritanniens im Potsdamer Abkommen zugestimmt hatten, dass „in Ergänzung der Reparationen, die die UdSSR aus ihrer eigenen Zone erhält“, sie befugt sei, „zusätzlich aus den westdeutschen Zonen“14 weitere industrielle Ausrüstungen zu entnehmen. In einem internen Arbeitspapier der US-amerikanischen Delegation auf der Potsdamer Konferenz vom 14. Juli 1945 hieß es hierzu: „Wir sind der Meinung, dass 50 Prozent der Gesamtreparationen kein unangemessen hoher Anteil für die Sowjetunion sind...“15 Auch die der Sowjetunion ursprünglich zugesagte Viermächte-Kontrolle des Ruhrgebietes wurde erst auf die lange Bank geschoben, dann zu den Akten gelegt.16 Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang, dass die dem polnischen Staat zugesagten Reparationen fast ausschließlich aus der sowjetischen Besatzungszone entnommen wurden.
Wie sollte die politische Führung des Landes ihrer zum Teil in sehr schwierigen materiellen Verhältnissen lebenden Bevölkerung erklären, dass die Verursacher dieses Elends nicht mit Entnahmen aus laufender Produktion und durch Demontagen den angemessenen Preis für die von ihnen systematisch vorgenommenen Verwüstungen zahlen müssten? Wie sollte politisch nachvollziehbar vermittelt werden, dass die Lebensmittelrationen in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) unter Umständen eine bessere Ernährung gewährleisteten als in der UdSSR? Dies alles muss auch vor dem Hintergrund der durch eine extreme Trockenheit verursachten Missernte des Jahres 1946 betrachtet werden, an deren Folgen eine Hungersnot ausbrach. Neueren Forschungen zufolge starben etwa 2 Millionen Menschen an Unterernährung bzw. an den damit einher gehenden Krankheiten.17
Die sowjetische Führung befand sich auch in anderer Hinsicht in einem großen Dilemma: Da Reparationen aus den anderen Zonen nicht mehr realisiert wurden, blieb allein die SBZ übrig, aus der Güter entnommen und Demontagen durchgeführt werden konnten. Dies musste wiederum zu Misstrauen und einer negativen Stimmung gegenüber der SMAD, aber auch gegenüber derjenigen Partei führen, die stets auf ihre enge Verbundenheit mit der KPdSU und der Sowjetunion hinwies: der KPD bzw. der SED.
Soviel zur ökonomischen Lage der USA und der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg.
Die Entstehung des Kalten Krieges – eine historische Gesetzmäßigkeit?
Es wäre eine unzulässige Vereinfachung den Anschein zu erwecken, als sei die Durchsetzung des Kalten Krieges „gesetzmäßig“ erfolgt, als habe es keine Alternativen gegeben. Allerdings: Die Entstehung und Ausprägung einer aggressiv gegen die Sowjetunion gerichteten politischen Strategie innerhalb der herrschenden Eliten in den westalliierten Siegermächten, besonders in den USA, nach der Beendigung des Zweiten Weltkrieges war nahe liegend.
Noch zu Kriegszeiten artikulierten, jedoch nicht coram publico, Politiker und Militärs auf Seiten der Vereinigten Staaten ihre Auffassung, dass für die Zeit nach dem Sieg über den deutschen Faschismus ein Konfrontationskurs gegen die UdSSR vorbereitet werden müsse. Zwei Beispiele seien hier zitiert. Nur wenige Tage nach der bedingungslosen Kapitulation Hitlerdeutschlands notierte der stellvertretende US-amerikanische Außenminister Joseph C. Grew: „Ein zukünftiger Krieg mit Russland ist so sicher wie irgendetwas auf der Welt nur sein kann. Er mag innerhalb weniger Jahre ausbrechen. Wir sollten deshalb darauf achten, unsere militärische Stärke aufrecht zu erhalten und alles zu unternehmen, was in unserer Macht steht, um unsere Beziehungen zur freien Welt zu stärken.“18
Und der Botschaftsrat an der diplomatischen Vertretung der USA in Moskau, George F. Kennan, gab zu Protokoll: „Die Idee, Deutschland gemeinsam mit den Russen regieren zu wollen, ist ein Wahn. Ein ebensolcher Wahn ist es, zu glauben, die Russen und wir könnten uns eines schönen Tages höflich zurückziehen, und aus dem Vakuum werde ein gesundes und friedliches, stabiles und freundliches Deutschland steigen. Wir haben keine andere Wahl, als unseren Teil von Deutschland...zu einer Form von Unabhängigkeit zu führen(...)Besser ein zerstückeltes Deutschland, von dem wenigstens der westliche Teil als Prellbock für die Kräfte des Totalitarismus wirkt, als ein geeintes Deutschland, das diese Kräfte wieder bis an die Nordsee vorlässt.“19 Keineswegs vorprogrammiert war jedoch, dass Anschauungen à la Grew und Kennan schließlich das Denken und Handeln der US-amerikanischen Administration und des „Big Business“ dominieren mussten.
Denn innerhalb der politisch und ökonomisch herrschenden Kreise in den USA existierten – stark vereinfachend dargestellt – zwei unterschiedliche Konzeptionen für die Gestaltung der Nachkriegsordnung.20
Zum einen die „Roosevelt-Linie“, die darauf orientierte, dass Sicherheit vor potenziellen neuen Aggressionen nicht gegeneinander, sondern nur miteinander organisiert werden könnte. Die Antihitlerkoalition hatte nach dieser Lesart mit der Befreiung der Welt vom deutschen Faschismus und japanischen Militarismus ihre Mission noch nicht erfüllt, sondern sie sollte auch für die Gestaltung einer stabilen und friedlichen Nachkriegsordnung aufrecht erhalten werden. Nicht hinweg zu leugnende, auch schwer wiegende Gegensätze zwischen den USA und der UdSSR, die aus den unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen resultierten, galten hier als letztlich überbrückbar und als sekundär gegenüber den gemeinsamen Interessen. Als Repräsentant dieser Kräfte galt der von 1941 bis 1945 amtierende Vizepräsident Henry A. Wallace, der anschließend zum Handelsminister ernannt wurde. Wallace erklärte jedoch bereits im September 1946 im Streit um die Außenpolitik resigniert seinen Rücktritt.
Zum anderen setzten sich nach dem Tod von Präsident Franklin D. Roosevelt am 12. April 1945 allmählich diejenigen Kräfte innerhalb der Administration seines Nachfolgers Harry S. Truman und in den Vorstandsetagen großer Banken und Industriekonzerne durch, deren Antikommunismus und Antisowjetismus sie weitgehend blind für die Erfordernisse des heraufziehenden atomaren Zeitalters machte. Hier galt die „Eindämmung“ des Kommunismus (containment), bei einigen sogar die „Befreiung“ der Welt von der „sowjetischen Gefahr“ (liberation policy, roll back), als oberstes Gebot der US-amerikanischen Außenpolitik. Die Grenzen zwischen diesen beiden Konzeptionen der außenpolitischen Strategie der USA waren durchaus fließend. „Es wäre ein grundlegendes Missverständnis“, so lautet die These von Gunther Mai, „die reale wechselseitige Ergänzung von ‚containment’ und ‚roll back’ aufzulösen und in historische Phasen zu zergliedern. Die ‚Eindämmung’ implizierte immer auch die ‚Befreiung’.“21
Zweifelsfrei ist in jedem Falle: Das „Wandeln am Rande des Abgrunds“ (brinkmanship), d. h. das verantwortungslose Spiel mit der möglichen Entfesselung eines atomaren Dritten Weltkrieges, gehörte mit großer Selbstverständlichkeit zum Arsenal der Verfechter des „roll-back“-Konzeptes.22 Letztlich ging es den Verfechtern beider Konzeptionen um die ökonomische und politische Beherrschung der Welt durch die USA, wozu die reichlich vorhandenen Ressourcen des Landes eingesetzt werden sollten. Jegliche politische Entwicklungen, die zum Beispiel den Einfluss der kommunistischen Parteien im damaligen Frankreich, Griechenland oder Italien stärkten, wurden als „Bedrohung“ für die global definierten US-amerikanischen Interessen wahrgenommen. Zugleich glaubte man, die „Hand Moskaus“ als Urheber der vor allem in Europa – und zwar sowohl im Westen wie auch im Osten des Kontinents – sich vollziehenden politischen Veränderungen identifizieren zu müssen, die das politische Kräfteverhältnis nach der Befreiung vom Faschismus insgesamt „nach links“ zu verschieben begann.
Verständlicherweise rekrutierten sich, wie John C. Donovan schreibt, die Protagonisten des Kalten Krieges „aus den obersten Ebenen des Establishments, den führenden Finanzinstituten, den am meisten angesehenen Rechtsanwalts-Kanzleien in New York und Washington, den großen Unternehmen und den besten Universitäten. Diese aus Geschäftsleuten und Juristen bestehenden Kreise verfügen über ein reiches Reservoir von Talenten, aber auch über enorme materielle Ressourcen und ihre Interessen haben im gesamten 20. Jahrhundert den bestimmenden Einfluss auf die amerikanische Gesellschaft ausgeübt.“23
Was alles bedeutete dies, unabhängig davon, ob die in Washington verantwortlichen Politiker und die Repräsentanten des „Big Business“ eher die „Eindämmungs“- oder die „roll-back“-Konzeption bevorzugten, für die US-amerikanische Besatzungspolitik in Deutschland?
Je mehr sich die von blindem Antisowjetismus geprägte Linie der US-amerikanischen Außenpolitik durchzusetzen begann, desto weniger spielten die gemeinsamen Festlegungen der Antihitlerkoalition, die während der Konferenzen in Jalta und Potsdam 1945 erzielt worden waren, noch eine Rolle. Sie standen stattdessen zur Disposition. Dies betraf vor allem die Vereinbarung, Deutschland als Ganzes zu behandeln und gemeinsam zu verwalten. Das Jahr 1947 brachte dann den Durchbruch der auf die Konfrontation mit der Sowjetunion ausgerichteten Kräfte in den USA. Zu den entscheidenden Ereignissen gehörte in diesem Zusammenhang die am 1. Januar 1947 gebildete Bizone, bestehend aus der US-amerikanischen und der britischen Zone, die innerhalb kurzer Zeit alle äußeren Merkmale eines eigenständigen Staates aufwies und sich, durch den Beitritt der französischen Zone am 8. April 1949, später zur Trizone erweiterte.
Der wichtigste Beweggrund für die Truman-Administration, den Weg in Richtung eines westdeutschen Separatstaates zu beschreiten, bestand in seiner Funktion, als ökonomisches Herzstück eines gegen die UdSSR gerichteten, aggressiven Kurses zu dienen. Ohne die Rohstoff-Ressourcen sowie die Schwerindustrie an Rhein und Ruhr, ohne die chemische Industrie in Ludwigshafen und Leverkusen, ohne die Fahrzeug- und Maschinenbau-Unternehmen in Baden-Württemberg, ohne die hoch qualifizierten deutschen Ingenieure, Techniker und Facharbeiter – um nur diese Beispiele zu nennen – war eine ökonomische Untersetzung des antisowjetischen Kurses nicht denkbar. Konrad Adenauer brachte während eines Gesprächs mit den westalliierten Hohen Kommissaren im August 1950 diesen Sachverhalt in der ihm eigenen Art zum Ausdruck, indem er lakonisch erklärte, „dass, wer Westdeutschland und seine Stahlproduktion besitze, voraussichtlich den dritten Weltkrieg zu seinen Gunsten entscheiden werde“24. Selbstverständlich spielten auch bereits in den Jahren 1948/49 im Verborgenen angestellte Überlegungen eine gewisse Rolle, Westdeutschland zu remilitarisieren.
Mit der von Präsident Truman am 12. März 1947 verkündeten Doktrin, der zufolge die USA zukünftig „freie Völker unterstützen“ sowie ihnen helfen würden, „Unterwerfungsversuche von bewaffneten Minderheiten oder durch äußeren Druck“ zu widerstehen25 und angesichts des von Außenminister George C. Marshall am 5. Juni desselben Jahres öffentlich vorgestellten Programms, das eine „Wiederaufbauhilfe“ für die Staaten Westeuropas vorsah (Marshall-Plan)26, war offensichtlich geworden, dass die USA die Signale auf Konfrontation gestellt hatten. Wolfgang Benz nennt die Truman-Doktrin deshalb zutreffend „eine amerikanische Demonstration gegen Stalin“ und die Wirkung der Ankündigung des Marshall-Plans für „die Sowjetunion ausgrenzend und bedrohlich“27. Der US-amerikanische Senator Edwin Carl Johnson, ein scharfer außenpolitischer Opponent Trumans, formulierte vor dem Kongress am 22. April 1947, dass die vom Präsidenten öffentlich verkündete außenpolitische Doktrin „eine Art Kriegserklärung an die Sowjetunion“28 sei.
Für die Politik gegenüber Deutschland hieß das vor allem, dass mit Dollar-Milliarden die Ökonomie der drei Westzonen innerhalb kürzester Zeit auf denkbar modernstem Standard wiederaufgebaut werden konnte. Zugleich bedeutete die Durchsetzung des Marshall-Plans letztlich die politische Abtrennung der Westzonen von der Sowjetischen Besatzungszone. Die Botschaft lautete: Die Truman-Administration hatte nun endgültig Kurs auf die Errichtung eines von den USA politisch wie ökonomisch abhängigen westdeutschen Teilstaates genommen.
Eine Währung für ganz Deutschland?
In diesem Zusammenhang stand seit längerer Zeit die Frage einer Währungsreform im Raum, mit deren Hilfe die weitgehend wertlose Reichsmark zugunsten einer neuen Währung abgelöst werden sollte; denn einer immensen Menge an Reichsmark stand eine nicht annähernd adäquate Menge von Gütern gegenüber. Die Folge waren die Rationierungen fast aller Waren und die Existenz eines „Schwarzen Marktes“, dessen wichtigste „Währung“ neben Nylonstrümpfen und Bohnenkaffee US-amerikanische Zigaretten darstellten. Selbstverständlich war eine Währungsreform von den Alliierten von Anfang an als gesamtdeutsche, zonenübergreifende Maßnahme gedacht gewesen: „Ein Land, eine Währung“.
Doch die neue Währung, die „D-Mark“, war insgeheim bereits im Herbst 1947 in den USA von der American Note Company gedruckt und die Geldscheine anschließend auf dem Seeweg nach Deutschland transportiert worden, wo sie im November 1947 eintrafen („Operation Bird Dog“). Sie lagerten in den Kellern der Reichsbankhauptstelle in Frankfurt am Main und warteten hier auf den „Tag X“. Dieser Tag war am 20. Juni 1948 gekommen, als in den Westzonen das neue Geld ausgegeben wurde; zunächst 40 DM, später noch einmal 20 DM pro Kopf der Bevölkerung. Damit existierte jetzt in den Westzonen ein von der SBZ klar zu unterscheidendes Wirtschaftsgebiet mit eigener Währung.
In der Bizone kamen hinzu: ein eigenes Parlament (der so genannte Frankfurter Wirtschaftsrat und der Länderrat als Vorläufer von Bundestag und Bundesrat), ein oberster Gerichtshof sowie eine eigenständige Regierung (Verwaltungsrat), deren Kompetenzen freilich von den Militärgouverneuren noch sehr stark eingeschränkt wurden: Diese „bizonalen Organe sind denn auch“, wie Falk Pingel zutreffend formuliert, „genau diese Entwicklung von Beratungs- und Verwaltungs- zu parlamentarischen und Regierungsorganen gegangen, bevor die Bundesrepublik gegründet wurde.“29
Es konnte angesichts alles dessen kein Zweifel daran bestehen, dass die politischen und ökonomischen Strukturen eines westdeutschen Separatstaates bereits klare Konturen bekommen hatten – und dass es sich dabei um eine bewusste und gewollte Entscheidung der Regierungen in Washington und London handelte.
Die Lage in Berlin am Vorabend der „Blockade“
Eine besonders komplizierte Situation herrschte zeitgleich in Berlin. Der hier tagende Alliierte Kontrollrat, das oberste Gremium der vier Siegermächte zur Festlegung gemeinsamer Beschlüsse, war seit dem 20. März 1948 durch den Auszug der sowjetischen Delegation, die unter der Leitung von Marschall Sokolowski stand, praktisch lahmgelegt.30 In der bürgerlichen Geschichtsschreibung wird dieser Vorgang in der Regel als von den Westmächten unprovoziert und deshalb als vollkommen unverständlich hingestellt.
Die Handlungen der westalliierten Mächte zeichnen jedoch ein anderes Bild. Denn in den Monaten zuvor hatten sich die USA und Großbritannien von den Festlegungen der Potsdamer Konferenz endgültig verabschiedet und die Sowjetunion vor außerordentlich gravierende, vollendete Tatsachen gestellt. Was war geschehen?
Im Zentrum der Auseinandersetzungen standen die Ergebnisse der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz, an der die USA, Frankreich, Großbritannien und die Benelux-Staaten teilnahmen (23.2. bis 6.3.1948 und 20. April bis 7. Juni 1948). Die Sowjetunion hatte keine Einladung erhalten, obwohl hier außerordentlich bedeutsame Beschlüsse, die „Londoner Empfehlungen“, ausgearbeitet und verabschiedet wurden, die Deutschland als Ganzes betrafen: So zum Beispiel die Einbeziehung der Westzonen in den Marshall-Plan, die Durchführung einer einheitlichen Wirtschaftspolitik in diesen Zonen, die endgültige Absage einer Vier-Mächte-Kontrolle über das Ruhrgebiet sowie – besonders gravierend – die Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung, die ein Grundgesetz für den angestrebten Separatstaat ausarbeiten und beschließen sollte. Alle derartigen Themen hätten jedoch unbedingt zuvor im Alliierten Kontrollrat bzw. auf einer Außenministerkonferenz der vier Mächte erörtert werden müssen.
General Lucius D. Clay, der Oberkommandierende der US-amerikanischen Streitkräfte in Europa und Militärgouverneur in Deutschland, schrieb in seinen Memoiren in dankenswerter Offenheit über die Ergebnisse der Londoner Konferenz:
„Die Londoner Besprechungen hatten als unmittelbares Ergebnis den Vorteil, dass die Maßnahmen für den wirtschaftlichen Wiederaufbau der Doppelzone beschleunigt und ein Stück weiterer politischer Verantwortung innerhalb dieses Gebietes an deutsche Stellen übertragen wurde. Auch erkannte Frankreich..., dass ihm die Beziehungen zwischen den vier Mächten nicht mehr länger erlaubten, in Deutschland allein zu bleiben, und dass es nun an der Zeit war, die Verschmelzung der französischen Zone mit der Doppelzone zu erwägen. Damit bereitete die Konferenz von London den Weg für einen anderen entscheidenden Beschluss in der Deutschlandpolitik: den Entschluss, eine westdeutsche Regierung zu errichten.“31
Weiter: Am 17. März wurde auf einer Konferenz in Brüssel zwischen Frankreich, Großbritannien und den Benelux-Staaten eine „Verteidigungsgemeinschaft“ abgeschlossen. Nur zwei Tage später begannen Verhandlungen der USA, Großbritanniens und Frankreichs über die Erweiterung der Bi- zur Trizone. In plumper Weise wurde der Sowjetunion nahe gelegt, ihre Zone mit den Westzonen zu vereinen – selbstverständlich auf der Basis der dort geschaffenen vollendeten Tatsachen, an deren Zustandekommen die UdSSR keinerlei Einfluss hatte ausüben können. Sie wurde zu nichts anderem als zur politischen Unterwerfung unter den Willen der USA aufgefordert. Es wurde jetzt klar erkennbar: Die bereits mit der Bildung der Bizone und der Verkündung der Truman-Doktrin sowie des Marshall-Plans im Jahre 1947 offensichtlich gewordene Politik der USA, die Sowjetunion als eine Siegermacht „2. Ranges“ zu behandeln, ja deren legitime Interessen schlicht zu ignorieren, spitzte sich weiter zu. Auf der Kontrollratssitzung am 20. März 1948 erbat Marschall Sokolowski deshalb von seinen westalliierten Kollegen verständlicherweise Informationen über die genauen Inhalte und die Bedeutung der „Londoner Empfehlungen“, die ihm jedoch verweigert wurden.
Daraufhin verließ der Repräsentant der Sowjetunion die Sitzung, da – wie er erklärte – aufgrund der Handlungen der Westalliierten „der Kontrollrat als oberstes Machtorgan in Deutschland, das die Viermächteverwaltung dieses Landes verwirklicht, faktisch nicht mehr besteht32“.
Unter welchen politischen Optionen konnte die sowjetische Führung angesichts dieser Entwicklungen eine Auswahl treffen, immer unter dem Gesichtspunkt, den beginnenden Kalten Krieg nicht unnötig zu verschärfen und – ganz im Gegenteil – die westalliierten Partner wieder auf eine Politik einschwenken zu lassen, die sich von den Prinzipien des Potsdamer Abkommens leiten ließ? Die Sowjetunion entschied sich für eine „Mischung aus Konzilianz und Pressionen“33. Das bedeutete zum einen die ständige Bereitschaft zu Verhandlungen, auch auf hoher und höchster Ebene, zum anderen die Ausübung von Druck, um die drohende Konstituierung eines westdeutschen Separatstaates, der sich womöglich in nicht allzu ferner Zeit in eine antisowjetische Allianz einreihen könnte, zu verhindern.
Die „Blockade“ beginnt
In diesen Zusammenhang gehörten die ersten von der SMAD verfügten, eher sporadischen Behinderungen des Verkehrs von und nach Berlin ab dem Januar, dann häufiger praktiziert, seit dem März 1948.34 Als schließlich am 20. Juni die D-Mark in den Westzonen und am 24./25. Juni auch in den Westsektoren Berlins eingeführt wurde, entstand eine neue Situation. Es bestand ökonomisch die Gefahr, dass die Reichsmark-Bestände jetzt für Käufe in der SBZ, einschließlich des sowjetischen Sektors in Berlin, genutzt werden und dort eine importierte Inflation sowie einen Ausverkauf nicht kontingentierter Güter auslösen würden. Im Kern handelte es sich für die Sowjetische Militäradministration darum, „den dramatischen Verfall der Ost-Währung und den daraus zwangsläufig folgenden Ausverkauf ihrer Besatzungszone zu verhindern“35. Die SMAD reagierte daraufhin neben der Organisierung einer eigenständigen Währungsreform mit der Kappung der Verkehrswege zu Wasser, auf der Schiene und auf der Straße in der Nacht vom 23. zum 24. Juni 1948.
Für die Westmächte kamen diese Maßnahmen keineswegs unerwartet. In seinen Memoiren berichtet Robert D. Murphy, politischer Berater des Außenministeriums der USA für General Lucius D. Clay, dass eine harte Reaktion der UdSSR auf Seiten der Westalliierten für durchaus möglich gehalten wurde: „Wir schickten unsere Warnungen an alle beteiligten Stellen in Washington, London und Paris und baten um genaue Anweisungen darüber, ob die Währungsreform in der Bizone auch auf die Gefahr einer sowjetischen Gegenaktion hin weitergehen und ob gegebenenfalls mit Gewalt gegen eine russische Blockierung Berlins vorgegangen werden sollte. Nicht nur einmal, sondern mehrfach befassten sich die höchsten Regierungsstellen mit dieser sehr dringenden Anfrage. Es war offensichtlich, dass die politischen Autoritäten in Washington unterschiedliche Auffassungen zu dieser Angelegenheit hatten.“36 Man wusste in den Hauptstädten der Westalliierten also Bescheid, welche Risiken die Einführung der D-Mark in ihren Berliner Sektoren mit sich bringen könnten.
Im Übrigen hatten die Westmächte von vornherein ein unehrliches Spiel mit ihrem sowjetischen Alliierten betrieben: Während am 20. Juni 1948 Finanzexperten darüber berieten, wie die Einführung der D-Mark in den Westsektoren Berlins verhindert werden könnte, waren insgeheim, getarnt als militärischer Nachschub, zehn Flugzeugladungen mit Geldscheinen der neuen Währung im Werte von 250 Millionen D-Mark bereits im Westen der Stadt eingetroffen. Streng abgeschirmt vor der Öffentlichkeit, bereiteten im York House der britischen Besatzungsmacht zwölf deutsche Finanzexperten die Einführung der neuen Währung in den Westsektoren Berlins vor.37 Soviel zum Thema politische Seriosität der US-amerikanischen Besatzungspolitik am Vorabend der „Blockade“.
Als es schließlich am 23./24. Juni 1948 zu den von der SMAD verordneten Absperrungen gekommen war, sahen sich die West-Berliner jedoch keinesfalls einer totalen „Blockade“ ausgesetzt. Für sie wurde vom 1. August an die Möglichkeit geschaffen, sich im sowjetischen Sektor mit Waren einzudecken. Hierfür waren unter anderem zunächst 100.000 Tonnen Mehl und 10.000 Tonnen Fette sowie andere Lebensmittel vorgesehen, die aus der Staatsreserve der Sowjetunion stammten. Die Angaben über die Anzahl der Bürgerinnen und Bürger der Westsektoren, die sich im sowjetischen Sektor der Stadt, aber auch in der umgebenden Mark Brandenburg – bei so genannten Hamsterfahrten – regelmäßig mit Lebensmitteln versorgten, ist nicht mehr zweifelsfrei festzustellen. In der Literatur differieren die Angaben zwischen etwa 20.000 und 100.000 Westberlinern, die ihre Lebensmittelkarten im sowjetischen Sektor Berlins registrieren ließen.38
Zugleich ergriff Fritz Selbmann (SED), stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Wirtschaftskommission in der SBZ, die Initiative, um die Westsektoren Berlins mit Energie und Brennmaterialien zu versorgen.39
Sein Vorschlag, für den er sicherlich die Rückendeckung der Sowjetischen Militäradministration eingeholt haben dürfte, lautete: das im Ostsektor liegende Kraftwerk Klingenberg werde Strom liefern, zusätzlich würden Brennholz und Braunkohlen in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt. Als Gegenleistung müsse Steinkohle aus dem Ruhrgebiet angeliefert werden. Zwar erklärte die amtierende Berliner Oberbürgermeisterin Louise Schröder (SPD) am 19. Juli ihr Einverständnis mit diesem Vorschlag, sie war jedoch außerstande verbindlich mitzuteilen, ob die britische Militärregierung die notwendige Menge Steinkohle aus dem in ihrer Zone liegenden Ruhrgebiet zur Verfügung stellen werde. Die intensiven Bemühungen Fritz Selbmanns, die in schriftlicher Form und per Telefon sowie im persönlichen Gespräch mit dem stellvertretenden Oberbürgermeister Ferdinand Friedensburg (CDU) ihren Ausdruck fanden, blieben leider erfolglos. Von westlicher Seite wurde nicht einmal der Versuch unternommen, die Seriosität dieses Vorschlages zu testen, dessen Realisierung die Lage in und um Berlin wesentlich entschärft hätte.
Stattdessen entfaltete sich das Schauspiel der „Berliner Luftbrücke“, die zum Gründungsmythos eines spezifischen „Westberlinertums“ avancierte, das aus aggressivem, ja hasserfülltem Antikommunismus und Antisowjetismus sowie einer „Nibelungentreue“ gegenüber den US-Amerikanern bestand, die wegen ihrer vollkommen undifferenzierten Bewunderung alles „Amerikanischen“ von geradezu peinlicher, mitunter hysterischer Unterwürfigkeit gegenüber den USA geprägt war.
Hinzu gesellte sich die absurde Selbsteinschätzung, die „Insel westlicher Freiheiten“ zu sein, ja den „Vorposten der Demokratie“ inmitten des „Meeres des Kommunismus“ darzustellen. Damit einher ging ein galoppierender politischer Realitätsverlust, der in der vielfach durchaus ernst gemeinten Metapher „Lieber tot als rot“ seinen konzentrierten Ausdruck fand.
Selbstredend wurden diese Mentalitäten und Verhaltensweisen durch die täglich vor Augen geführte materielle und technische Überlegenheit der USA gegenüber der Sowjetunion, wie auch gegenüber ihren westlichen Alliierten, entscheidend begünstigt. Wessen Territorium erst wenige Jahre zuvor verwüstet worden war, konnte eben nicht mit der Verteilung von Care-Paketen, Bohnenkaffee, Zigaretten und anderen knappen Gütern bei der Bevölkerung Berlins nachhaltige Sympathien gewinnen.
Das Gefühl, der „Blockade“ widerstanden zu haben, ist bis zum heutigen Tage nicht ohne emotionale Bedeutung, wie der Rummel um das Volksbegehren für die Offenhaltung des Flughafens Tempelhof im Frühjahr 2008 bewies. Über die tiefer liegenden Ursachen der damals entstandenen Situation sowie über die Tatsache, dass Westberliner die Möglichkeit hatten, sich im sowjetischen Sektor der Stadt mit den lebensnotwendigsten Dingen zu versorgen und ein Vorschlag auf dem Tisch lag, die Westsektoren mit Energie zu versorgen, ist bei solchen Gelegenheiten allerdings nicht die Rede. Auch die „Gegenblockade“ der Westalliierten, die alle Lieferungen von Wirtschaftsgütern in die SBZ eingestellt hatten, wird gern verschwiegen.40
Die Legende vom militärischen Griff der Sowjetunion nach Westberlin
Im Zusammenhang der „Blockade“ ist auch die These entstanden, die Sowjetunion habe die Einverleibung der Westsektoren Berlins verfolgt, notfalls auch mit dem Einsatz militärischer Gewalt. Die Gefahr eines Weltkrieges sei dabei billigend in Kauf genommen worden.
Tatsächlich ist nichts verkehrter als diese Annahme. Als Erster brachte der damalige Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, General Lucius D. Clay, diese These in Umlauf. Am 5. März 1948, wenige Monate vor der Entfesselung der Berliner Krise, telegrafierte er „streng geheim“ an den im Generalstab dienenden Generalleutnant Stephen J. Chamberlain41, er sei bislang der Auffassung gewesen, dass ein Krieg mit der Sowjetunion „auf mindestens zehn Jahre hinaus unwahrscheinlich sei“. Nun aber habe er „in der sowjetischen Haltung einen subtilen Wandel verspürt, den ich nicht definieren kann, der mir aber neuerdings das Gefühl gibt, ein Krieg könne mit dramatischer Plötzlichkeit ausbrechen“42. Im Ergebnis dieser Aussage des in Washington hoch angesehenen Clay entwickelte sich – wie der inzwischen zum Leiter des Planungsstabes im US-Außenministerium avancierte George F. Kennan in seinen Memoiren schreibt – „eine regelrechte Kriegspsychose. Ihre Intensität lässt sich schon daran ablesen, dass die CIA es am 16. März für nötig befand, dem Präsidenten eine ‚beruhigende’ Ausarbeitung vorzulegen, der zufolge Krieg ‚innerhalb von sechzig Tagen nicht wahrscheinlich’ war“43. Auch in der Presse und bei Mitgliedern des Kongresses griff die Vorstellung um sich, ein bewaffneter Konflikt mit der UdSSR stehe womöglich unmittelbar bevor.
Im Rahmen dieser Kriegspsychose ließen sich umso leichter die eigenen Rüstungen sowie die Planungen für ein dichtes Netz von zahlreichen Militär-Stützpunkten, gruppiert um die Sowjetunion, vorantreiben.44 In dieser hitzigen Atmosphäre begannen am 18. Mai 1948 die Atombombenabwürfe der US Air Force über der Pazifik-Insel Eniwetok, eine deutliche Botschaft an die Adresse der sowjetischen Führung.
Von größter Bedeutung waren vor allem die zeitgleich mit der Berliner Krise stattfindenden Verhandlungen der USA, Kanadas, Großbritanniens, Frankreichs, der Benelux-Staaten, Italiens, Norwegens, Islands, Portugals und Dänemarks mit dem Ziel, eine „nordatlantische Verteidigungsorganisation“ zu konstituieren.45 Schon am 4. April 1949 wurde die NATO-Akte in Washington von den Außenministern der genannten Staaten unterzeichnet, die endgültig am 24. August desselben Jahres in Kraft trat. Die antisowjetische Stoßrichtung dieses Bündnisses stand vom ersten Tag seines Bestehens an außer Frage.
Und in Berlin? Die „Berlin Operations Base“ des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA, die über sehr gute Quellen verfügte, war sich während der krisenhaften Zuspitzung der Lage in und um Berlin jederzeit im Klaren darüber, dass sich weder die sowjetischen Streitkräfte noch die kasernierte Volkspolizei der SBZ auf irgendeine Angriffshandlung gegen die Westsektoren Berlins vorbereiteten.46 Schon eher waren die Aktivitäten der eigenen Seite von militärischem Abenteurertum geprägt. General Clay, einer der notorischen „Scharfmacher“ in der Auseinandersetzung mit der Sowjetunion, plante gewaltsame Durchbrüche militärischer Einheiten von Westdeutschland aus zu den Westsektoren Berlins, was zum Glück von seinen vorgesetzten Dienststellen ebenso verworfen wurde wie sein Vorschlag, den Panama-Kanal und die Häfen der USA für Schiffe aus der Sowjetunion zu sperren.
Es lohnt sich in diesem Zusammenhang, etwas näher die Argumentation General Clays zu beleuchten, mit deren Hilfe er die politisch Verantwortlichen in Washington zu militärischen Aktionen in und um Berlin veranlassen wollte.47
In einem streng geheimen und als sehr dringend klassifizierten Schreiben an das Armee-Ministerium vom 10. Juli 1948 gab er seiner Überzeugung Ausdruck, dass die USA noch nicht weit genug bei der Festlegung ihres zukünftigen Kurses in der Berlin-Politik gegangen seien. Zwar sei er überzeugt – man höre und staune! – dass die Sowjetunion keinen Krieg wolle. Aber dennoch sei diese Möglichkeit nicht auszuschließen, denn es könne in Moskau „a fixed plan“ existieren, der die Vorbereitung eines Krieges gegen den Westen beinhalte. Unabhängig davon, welche der beiden Varianten zuträfe, sei die Entsendung eines bewaffneten Konvois zu den Westsektoren Berlins anzuraten. In dem einen Fall – die UdSSR wolle auf jeden Fall einen Krieg vermeiden – würde sie ihn passieren lassen. In dem anderen Fall, der „fixed plan“ eines Krieges gegen den Westen wäre Realität, käme es ohnehin früher oder später zur militärischen Auseinandersetzung mit der Sowjetunion: Falls die UdSSR einen Krieg beabsichtige, würden die militärischen Feindseligkeiten nicht wegen des bewaffneten Konvois der Westalliierten ausbrechen, sondern dies wäre nur der Anlass für den sowieso gegen sie geplanten Krieg. Er würde sozusagen nur an einem Ort und zu einem Zeitpunkt ausbrechen, so lautet die seltsame und für den Frieden überaus gefährliche „Logik“ Clays, den die USA bestimmen.
Leider hatte mittlerweile auch der außenpolitische Berater Clays, Robert D. Murphy, dessen eben zitierte Vorschläge übernommen und seinerseits nur einen Tag später, am 11. Juli 1948, in einem an das State Department gerichteten Telegramm unverblümt gefordert, „bewachte Konvois, verstärkt durch militärische Einheiten und Pioniere, durch die sowjetische Zone nach Berlin zu schicken“48.
Noch einmal sei hervorgehoben, dass die kriegerischen Gelüste der Clay und Murphy vom Juli 1948 zum Glück keine hinreichende Resonanz in Washington fanden. Aber auch die eigenen Verbündeten wollten sich auf ein derartiges Vabanquespiel nicht einlassen. In einer streng geheimen Ausarbeitung des Geheimdienstes CIA vom 28. September 1948 musste kleinlaut zugegeben werden, dass gewaltsame Aktionen der USA auf keinerlei Unterstützung weder bei den Regierungen Großbritanniens und Frankreichs noch sonst wo in Westeuropa treffen würden.49
Clays Beifalls gewiss konnte allerdings der Beschluss des Nationalen Sicherheitsrates der USA vom 14. Juli 1948 sein, etwa neunzig Bomber des Typs Boeing B-29 („Stratofortress“) in Großbritannien zu stationieren. In den letzten Julitagen flogen diese Kampfflugzeuge demonstrativ im Formationsflug über London und andere Städte Großbritanniens, bevor sie auf ihren Stützpunkten landeten, von wo aus sie immer wieder zu Flügen auf den Kontinent, auch nach Deutschland, sowie zur Durchführung von Scheinangriffen über der Nordsee aufbrachen.50 Bei ihnen handelte es sich um das damals einzige Waffensystem, das Atomsprengsätze ins Ziel tragen konnte. Mehr noch: Maschinen dieses Typs sollten zeitweilig als Transporter an der „Luftbrücke“ teilnehmen, eine direkte Provokation der UdSSR.51
Dass es sich hier in den Köpfen einiger Militärs nicht nur um bloße Provokationen handelte, sondern auch um die Schaffung von Möglichkeiten für einen Atomschlag gegen die UdSSR ging, belegen die entsprechenden Gedanken Clays. Gegenüber dem Kriegsminister James V. Forrestal äußerte er: „Im Fall eines Krieges würde er nicht zögern, die Atombombe einzusetzen und Moskau und Leningrad zuerst zu treffen.“52 Zugleich bemühte sich Forrestal, die Befehlsgewalt für den Einsatz von Atombomben vom Präsidenten auf seine Person zu übertragen. Damit wäre Präsident Truman als Oberbefehlshaber der Streitkräfte de facto entmachtet worden. Ein Angriff mit Nuklearwaffen auf die Sowjetunion während der Berliner Krise hätte somit, angesichts des pathologischen Antisowjetismus von Forrestal und Clay, eine gewisse Wahrscheinlichkeit bekommen. Zum Glück scheiterte dieses Vorhaben.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch in Großbritannien in manchen Politiker-Köpfen Kriegsphantasien ihr Unwesen trieben. So erklärte der konservative Abgeordnete und spätere Premierminister (1957 bis 1963) Harold Macmillan am 30. Juni 1948 im Unterhaus: „Wir müssen...das Risiko eines Krieges vor Augen haben.“53
An dieser Stelle muss hervorgehoben werden, dass 1948 bereits sehr konkrete Atomkriegspläne der USA existierten, die unmittelbar gegen die Sowjetunion gerichtet waren. Während sich Ende des Jahres 1945 nur zwei und im Juni 1947 13 Atombomben in den Arsenalen der USA befanden, war ihre Anzahl bis zum Beginn der Berliner Krise im Sommer 1948 auf etwa 50 angewachsen.54 Ende 1948, auf dem Höhepunkt der Berliner Krise, verfügten die Vereinigten Staaten über folgende Trägerwaffen: Neben 30 Bombern des Typs B-29, die speziell für den Abwurf von Atombomben ausgerüstet worden waren, existierten etwa 18 Maschinen des weitaus moderneren Typs B-50, zu denen noch 4 Flugzeuge vom Typ B-36 hinzu kamen. Die von jetzt an in größerer Stückzahl in Dienst gestellten B-50 und B-36 hatten eine weitaus größere Reichweite als die B-29-Bomber und waren in der Lage, Ziele tief im Innern der Sowjetunion anzugreifen.
Das im Herbst 1947 von den Vereinigten Stabschefs der USA ausgearbeitete Kriegsszenario „Broiler“, das in den darauf folgenden Monaten weiter perfektioniert wurde, sah zum ersten Mal den Einsatz dieser Massenvernichtungswaffen gegen die UdSSR vor: Mit Hilfe der schon erwähnten B-29-Flugzeuge sollten 34 Atombomben auf 24 Städte der Sowjetunion abgeworfen werden und sie – wie es der Verteidigungsminister Forrestal am 23. November 1948 zynisch formulierte – „die ‚bolschewistische’ Kontrolle innerhalb und außerhalb der Sowjetunion reduzieren bzw. eliminieren“55.
Festzuhalten bleibt: Nicht die Sowjetunion riskierte in der Berliner Krise 1948/49 einen bewaffneten Konflikt, der kaum auf Berlin zu begrenzen gewesen wäre, sondern die Gefahr der Anwendung von atomaren Waffen auf sowjetischem Territorium ging von den USA aus. In den politischen und militärischen Stäben der Vereinigten Staaten gewannen offenkundig diejenigen Kräfte an Einfluss, die mit einer Politik des „Wandelns am Rande des Abgrunds“ der UdSSR erpresserisch ihren Willen aufzwingen wollten. Die Beschuldigungen an die Adresse der Sowjetunion, sie riskiere einen Krieg um Berlin, stellten bei Lichte betrachtet nichts anderes dar als die Projektion eigener Gedanken und Pläne.56
Die Moskauer Vereinbarungen und ihre Torpedierung durch die USA
Während sich die Ereignisse in und um Berlin zuspitzten und die antisowjetische Hysterie der Bewohner in den Westsektoren durch massive Propaganda-Aktionen der US-Amerikaner und deutscher Politiker wie Ernst Reuter (SPD) und Ernst Lemmer (CDU) weiter angeheizt wurde, entwickelte sich hinter den Kulissen ein kompliziertes diplomatisches Spiel, das schließlich zu einem Ende der gefährlich gewordenen Lage führen sollte. Hier sei die Chronologie einiger der wichtigsten Ereignisse nachgezeichnet, die es in diesem Zusammenhang zu beachten gilt:
Am 2., 23. und 30. August 1948 trafen sich in Moskau die Botschafter der drei westalliierten Mächte mit Stalin.57 Es galt zu sondieren, ob ein Ende der Berliner Krise herbeigeführt werden könnte. Die sowjetische Seite unterbreitete dabei den Vorschlag, künftig solle nur die in der SBZ gültige Währung das alleinige Zahlungsmittel für alle Sektoren Berlins sein. Außerdem müsste die Umsetzung der oben erwähnten „Londoner Beschlüsse“ so lange ausgesetzt werden, bis auf einer Konferenz der vier Mächte über sie beraten worden sei. Im Falle der Annahme dieser beiden Forderungen würde die „Blockade“ unverzüglich beendet werden. Sowohl in den Gesprächen mit Stalin als auch mit den gleichfalls im August stattfindenden Unterredungen mit dem sowjetischen Außenminister Wjatscheslaw Molotow lehnten es die Botschafter der USA, Großbritanniens und Frankreichs ab, irgendwelche Verhandlungen mit der UdSSR zu führen, um die „Londoner Beschlüsse“ zu erläutern bzw. ihre Realisierung auszusetzen.
Hierauf reagierte die Sowjetunion mit einem sehr weitgehenden Kompromissvorschlag, der nur noch die Forderung enthielt, die D-Mark in Berlin wieder aus dem Verkehr zu ziehen und stattdessen ausschließlich die Währung der SBZ in ganz Berlin einzuführen. Im Falle der Annahme dieses Vorschlages werde die „Blockade“ der Verkehrswege von und nach Berlin beendet werden.
Am 30. August überbrachten die Botschafter der westalliierten Staaten in Moskau der sowjetischen Regierung die endgültige Zustimmung ihrer Regierungen zu diesem Vorschlag. Die verantwortlichen Militärgouverneure in Deutschland wurden mit der Umsetzung dieses Beschlusses beauftragt. Bis zum 7. September 1948 sollten sie ihren Regierungen mitteilen, wie sie die beiden genannten Punkte der Vereinbarung konkret umzusetzen gedachten. In diesem Zusammenhang sei eine Finanzkommission zu bilden, die aus Repräsentanten aller vier Alliierten bestehen solle.
Auch die nicht berücksichtigte Frage der „Londoner Beschlüsse“ schien lösbar zu sein: Am 27. August 1948 vereinbarten die vier Alliierten hierzu Folgendes: Nach der Realisierung der in Moskau getroffenen Vereinbarung solle ein Kommuniqué veröffentlicht werden, in dem die Diskussion aller ungelösten Fragen bezüglich Berlins und Deutschlands auf einer demnächst durchzuführenden Vier-Mächte-Konferenz angekündigt werde. Es schien so, als ob die „Berliner Krise“ rasch beendet werden könnte, kaum dass die begonnen hatte. Doch sollte sich diese Annahme – vor allem zur Überraschung der sowjetischen Seite – als ein schwerwiegender Irrtum herausstellen.
Plötzlich tauchten an unerwarteter Stelle Schwierigkeiten auf. Der Militärgouverneur der USA in Deutschland, General Clay, erklärte seinen britischen und französischen Kollegen am 27. August 1948, dass für ihn eine Übereinkunft mit der SMAD auf der Grundlage der sich abzeichnenden Moskauer Beschlüsse nicht möglich sei. Die durchaus kompromissbereiten Militärgouverneure Großbritanniens und Frankreichs, die Generäle Robertson und Koenig, waren über diese Auffassung ihres US- amerikanischen Kollegen geradezu entsetzt. Umgekehrt ließ Clay in Washington seine Ansicht verbreiten, dass „meine Kollegen beinahe jede Art von Übereinkunft herbeiwünschen“58.
Ein Vier-Sterne-General, der sich den Anweisungen seiner politischen Führung widersetzt? Ein eigentlich unerhörter Vorgang, der nur mit der Rückendeckung Clays von höchster Stelle in Washington zu erklären ist.59
Hauptsächlich an der strikten Opposition Clays scheiterten bereits am 7. September die Bemühungen der SMAD, die gemeinsamen Beschlüsse, so wie sie knapp vierzehn Tage zuvor vereinbart worden waren, in die Praxis umzusetzen. Vertrauensbildend war dieses diplomatisch sehr ungewöhnliche, ja provokative Verhalten der USA gegenüber der Sowjetunion keineswegs. Es förderte stattdessen Misstrauen und Argwohn der UdSSR gegenüber Washington. Die Hoffnungen von Robertson und Koenig, eine Wiederaufnahme der Gespräche sei ebenso möglich wie ihr erfolgreicher Abschluss, erwies sich als unrealistisch.60
Das Jessup-Malik-Abkommen und die Beendigung der Berliner Krise
Im Oktober 1948 kam es dessen ungeachtet zu neuen Verhandlungen bei den Vereinten Nationen in New York, die in einen Resolutionsentwurf einmündeten, der erneut die Aufhebung aller Verkehrsbeschränkungen und die Einführung der Währung der SBZ in ganz Berlin forderte. Auch diesmal stimmten die Westmächte diesem Beschluss zunächst zu, um ihn dann in letzter Minute, kurz vor der Abstimmung im Sicherheitsrat der UN am 25. Oktober 1948, zu verwerfen: es sollte nur noch um die Beendigung der „Blockade“ gehen. Dennoch gingen die Gespräche zwischen der UdSSR und den USA zur Beendigung der Berliner Krise weiter. Sie wurden vertraulich von den Botschaftern beider Mächte bei den Vereinten Nationen, Jakob Malik (Sowjetunion) und Philipp C. Jessup (USA), geführt. Am 4. Mai 1949 war es dann endlich soweit. In einer Vereinbarung wurde die Festlegung getroffen, dass am 12. Mai alle vorhandenen Verkehrsbeschränkungen zwischen den Westzonen und Berlin sowie zwischen der sowjetischen Besatzungszone und den Westzonen aufzuheben seien. Damit wurde auch die Wirtschaftsblockade des Westens gegen die SBZ beendet, die zu schwer wiegenden Beeinträchtigungen der dortigen Ökonomie geführt hatte. So konnten zum Beispiel die ausgebliebenen Lieferungen von Schwefelsäure, Steinkohle und Stahl nicht kompensiert werden.
Ein weiteres Ergebnis des Jessup-Malik-Abkommens bestand in der Vereinbarung, die entstandene Lage in Deutschland, d.h. vor allem die unmittelbar bevorstehende Gründung eines westdeutschen Separatstaates, auf einer Außenministerkonferenz in Paris zu erörtern. Die Sowjetunion legte auf dieser Konferenz, die vom 23. Mai bis zum 20. Juni 1949 in Paris tagte61, mehrere Vorschläge zur Verhinderung der Spaltung Deutschlands vor: unter anderem die Schaffung gesamtdeutscher Organe, die Wiederherstellung eines Magistrats für alle Sektoren Berlins, die Durchführung geheimer, allgemeiner und gleicher Wahlen in der Stadt, die Wiederaufnahme der Tätigkeit des Alliierten Kontrollrates und der für Berlin als Ganzes zuständigen Interalliierten Kommandantur. Zugleich sollten Kompetenzen der Alliierten auf gesamtdeutsche Instanzen übertragen werden. Bedeutsam war der neuerlich unterbreitete Vorschlag, innerhalb einer dreimonatigen Frist dem Rat der Außenminister Ausarbeitungen für einen Friedensvertrag mit Deutschland vorzulegen, in dem der Abzug sämtlicher Besatzungstruppen binnen Jahresfrist vorzusehen sei.
Die Reaktionen der Westmächte waren enttäuschend. Ihre Gegenvorschläge vom 28. Mai 1949 beinhalteten die Möglichkeit, dass die sowjetische Besatzungszone dem Geltungsbereich des wenige Tage zuvor verkündeten Grundgesetzes der im Entstehen begriffenen Bundesrepublik Deutschland (BRD) beitreten könnte – für die Sowjetunion eine plumpe Provokation. So kam es wegen der unnachgiebigen Haltung der drei Westmächte zum Scheitern der Pariser Außenministerkonferenz. Für die sowjetische Führung endete die Berliner Krise insgesamt mit einer Niederlage. Die Blockade, so hatte sie, wie Gerhard Keiderling schreibt, kalkuliert, „sollte das Mittel sein, um den Westen wieder an den Verhandlungstisch zu zwingen,...bevor sich die Lage in Westdeutschland zu seinem Nachteil konsolidiert hatte. Doch die Westmächte standen die Blockade durch und stimmten deren Aufhebung erst zu, als der Weststaat unter Dach und Fach war.“62
Immerhin war es aber durch geduldige Verhandlungen gelungen, die „Blockade“ und die Aussetzung des Handels zwischen den Westzonen und der SBZ zu beenden. Die so genannte Lüftbrücke wurde indes bis zum 30. September 1949 fortgesetzt, obwohl seit dem 12 Mai der Verkehr von und nach
Berlin wieder ungehindert fließen konnte.
Die sowjetische Politik 1948/49 – frei von Fehlern und Versäumnissen?
Am Ende konnte die UdSSR ihre politischen Ziele nicht durchsetzen. Hinter dem von der „Luftbrücke“ gezogenen Rauchvorhang erfolgten die Gründung der NATO und die Vorbereitung der Konstituierung eines westdeutschen Separatstaates, der Bundesrepublik Deutschland. Als Reaktion hierauf entstand die Deutsche Demokratische Republik. Es entwickelten sich jetzt zwei völlig unterschiedliche gesellschaftliche, ökonomische und politische Systeme in Deutschland. Berlin wurde im Ergebnis dieses Prozesses eine geteilte Stadt. Hatte die Politik der Sowjetunion alles Notwendige getan, um dies zu verhindern? Gab es Versäumnisse auf ihrer Seite, die das verantwortungslose Spiel der Westalliierten mit den gemeinsamen Beschlüssen von Potsdam erleichterten?
Dies war tatsächlich der Fall. Stefan Doernberg, 1945 junger Offizier in den Reihen der Roten Armee, später Professor für Geschichte in der DDR, nannte in einem 1998 veröffentlichten Beitrag mehrere Defizite, die aus meiner Sicht zum Kern der Problematik vordringen. Dabei hätten seinerzeit auch „imperiale“ Ansprüche der Siegermacht Sowjetunion eine Rolle gespielt, die – wie man es heute vielleicht nennen würde – „auf Augenhöhe“ mit den USA handeln und behandelt werden wollte. Als dies offenkundig nicht geschah, sei es der sowjetischen Führung darum gegangen, „den neuen Hauptgegner aus seinen Einflußsphären zu verbannen“63; zu diesen „Sphären“ gehörten eben auch die Westsektoren Berlins.
Dennoch ist dem Autor zuzustimmen, wenn er schreibt, dass die „Sowjetunion nicht der hauptsächliche Verursacher des Kalten Krieges war, auch nicht seiner Zuspitzungen“64. Problematisch war allerdings, dass von der sowjetischen Führung die Wirkung ihrer Maßnahmen in der Masse der Bevölkerung in den kapitalistischen Ländern, die ja nicht aus sympathisierenden Kommunisten bestand, niemals den Stellenwert einnahm, der erforderlich gewesen wäre. Sie war außerstande zu begreifen, dass es nicht allein darauf ankam, eine als richtig und notwendig erkannte Politik umzusetzen, sondern dass für den Erfolg einer solchen Politik relevante Teile der Öffentlichkeit in den westlichen Staaten, auch in den Westzonen Deutschlands und in den Westsektoren Berlins, überzeugt werden mussten. Der beispiellosen propagandistischen Offensive der USA und der bürgerlichen Medien in West-Berlin und Westdeutschland, für die große finanzielle Mittel bereitgestellt wurden und die bisweilen an die unselige „antibolschewistische“ Propaganda der Nazis anzuknüpfen schien, stand sie in Form und Inhalt bisweilen hilflos gegenüber. Bei der Lektüre ihrer damaligen Publikationen gewinnt man den Eindruck, es sei gar nicht darum gegangen, Andersdenkende zu überzeugen, sondern die von der Richtigkeit der eigenen Politik bereits Überzeugten in ihren Auffassungen zu bestärken. Dies gilt in besonderer Weise für die Berliner Krise 1948/49 und bezogen auf die Bevölkerung der Westsektoren Berlins. Es galt aber sicherlich auch für die Jahre und Jahrzehnte danach.
Welch’ große Resonanz zu erzielen war, wenn von Seiten der SMAD und der SED „zu kitzligen Fragen offen, frontal und offensiv Stellung“65 bezogen wurde, bewies das beispiellose Echo auf die Publikation des Artikels „Über ‚die Russen’ und über uns“, der zur Zeit der Berliner Krise, am 19. November 1948 im „Neuen Deutschland“ und kurz darauf auch in der Tageszeitung der SMAD, der „Täglichen Rundschau“, publiziert wurde. Ohne Tabus wurden hier auch die Übergriffe von Rotarmisten bei ihrem Einmarsch in Deutschland thematisiert und zugleich Defizite in der gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklung der Sowjetunion offen angesprochen. Der Erfolg blieb nicht aus. In öffentlichen Versammlungen am 10. Dezember 1948 und am 7. Januar 1949, bei denen sich die Räumlichkeiten im Haus der Kultur der Sowjetunion wegen des großen Andrangs als viel zu klein erwiesen, kam es zu einer mehrstündigen, freien und fairen Diskussion. Leider blieb dies eine Episode.
Bei der Rezeption der sowjetischen Deutschland-Politik in den Westzonen bzw. in den Westsektoren Berlins ist stets in Rechnung zu stellen, dass negative Erscheinungen innerhalb der SBZ es den Propagandisten der USA und ihren deutschen Helfershelfern erleichterten, ihr Zerrbild von der Sowjetunion mit dem Siegel der Glaubwürdigkeit zu versehen. Wilfried Loth spricht in diesem Zusammenhang vom „alltäglichen Stalinismus“, der sich in zunehmendem Maße in der Sowjetischen Besatzungszone bemerkbar gemacht habe.66 Dazu gehörten das willkürliche Regime der sowjetischen Geheimdienste, die nicht nur, so wie es in den Potsdamer Beschlüssen festgelegt worden war, ehemalige Nazis verfolgten, sondern in deren Fängen nicht wenige unschuldige Menschen gerieten.
In diesem Zusammenhang ist auch der verhängnisvolle Abschied der SED von der Konzeption des eigenständigen deutschen Weges zum Sozialismus zu nennen, der in den Dokumenten der KPD von 1945 vorgezeichnet und von Anton Ackermann, der zur Parteiführung der KPD bzw. SED zählte, in einem im Februar 1946 in der Zeitschrift „Einheit“ veröffentlichten Artikel theoretisch begründet worden war. Mit der Orientierung auf die Umgestaltung der SED zu einer „Partei neuen Typus“ nach Leninschem Muster, einschließlich des Organisationsprinzips des „Demokratischen Zentralismus“ und des von Stalin in seinen „theoretischen“ Schriften entwickelten, dogmatisch verengten „Marxismus-Leninismus“ sowie mit der wachsenden personellen und vor allem ideologischen Dominanz von Kommunisten innerhalb der Sozialistischen Einheitspartei, die im Verlaufe des Jahres 1948 erfolgte, büßte die Partei naturgemäß an Attraktivität und Reputation ein – nicht nur in den Westzonen.67 Selbstverständlich wurden diese Entwicklungen nicht allein der SED angelastet, sondern es wurde ein Zusammenhang dieser Veränderungen mit der Politik der sowjetischen Besatzungsmacht hergestellt.
Es kam hinzu, dass innenpolitische Ereignisse in den sich entwickelnden „volksdemokratischen“ Staaten Mittel- und Osteuropas – man denke zum Beispiel an die Geschehnisse in der Tschechoslowakei im Februar 1948 – auch bei solchen Deutschen abschreckend wirkten, die der Sowjetunion eher wohlwollend begegneten. Sie dienten aber auch als Katalysatoren für die gegen die Sowjetunion gerichtete Politik der Westalliierten. Der beginnende, hasserfüllte Konflikt zwischen der UdSSR und Jugoslawien, der Kampf gegen den so genannten Titoismus innerhalb der kommunistischen Parteien, auch innerhalb der SED, als dessen Resultat anders denkende Kommunistinnen und Kommunisten mundtot gemacht und unterdrückt wurden, tat sein Übriges.68
Alle diese Entwicklungen betrafen nicht unmittelbar die Berliner Krise in den Jahren 1948/49. Sie erleichterten es aber den Propagandisten des Antikommunismus und Antisowjetismus beträchtlich, in den Köpfen zahlreicher Menschen Verwirrung zu stiften sowie Misstrauen und Ablehnung gegen die Politik der UdSSR und der SED hervorzurufen bzw. weiter auszuprägen. Ohne sich diese Sachverhalte in Erinnerung zu rufen, kann die große und bleibende Wirkung des Antikommunismus in den Westsektoren Berlins zur Zeit der so genannten Blockade und in den Jahren danach nicht hinreichend erklärt werden.
Perspektive eines vereinten Deutschland bleibt Bestandteil sowjetischer Außenpolitik
Ungeachtet all’ dessen gilt es hervorzuheben: Die Sowjetunion blieb die einzige Siegermacht, die bis „fünf Minuten nach zwölf“ an der Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der deutschen Einheit festhielt.69
Sie war tatsächlich aus Gründen nationaler Sicherheit lange Zeit darauf fixiert, ein vereintes, demilitarisiertes, entnazifiziertes, politisch neutrales Deutschland mit einer bürgerlich-parlamentarischen Ordnung in der Mitte Europas zu etablieren, von dem aus zukünftig keine militärischen Gefahren für das eigene Land ihren Ausgang nehmen konnten. Dabei spielten nicht zuletzt auch die eingangs skizzierten ökonomischen Gesichtspunkte eine Rolle, die einen erneuten Krieg für die Sowjetunion undenkbar machten. Deshalb blieb die Führung der KPdSU und der UdSSR auch nach der Gründung beider deutscher Staaten darauf orientiert, jede Chance zu ergreifen, um die Remilitarisierung der BRD mit dem Ziel, sie in eine antisowjetische Allianz einzureihen, zu verhindern. Die „gesamtdeutsche Karte“ blieb für die sowjetische Führung weiter im Spiel.
Die so genannte Stalin-Note an die Westalliierten vom 10. März 1952, die darauf folgenden Noten vom 9. und 24. April sowie vom 23. August 1952, in denen die sowjetische Führung die Herstellung eines wiedervereinten deutschen Staates anbot, der keinem Bündnissystem angehören, wohl aber über eine eigene Armee verfügen sollte, und in denen sie sich auch mit der Durchführung geheimer, allgemeiner und gleicher Wahlen einverstanden erklärte, sind ein Beleg dafür, dass die Sicherheitsinteressen der UdSSR auch Vorrang vor der Existenz der jungen DDR hatten.70 Leider wurde auch in diesem Falle von westlicher Seite kein hinreichender Versuch unternommen, die Ernsthaftigkeit des sowjetischen Vorschlages auf die Probe zu stellen. Dabei spielte vor allem der westdeutsche Kanzler Konrad Adenauer eine destruktive Rolle, der alles Erdenkliche tat, um in Washington, London und Paris, aber auch in Bonn durchaus vorhandene Tendenzen zu torpedieren, auf die Vorschläge Stalins positiv zu antworten bzw. ihre Seriosität einer Prüfung zu unterziehen.
Zusammenfassung
Erstens: Die Außenpolitik der Sowjetunion war nach der siegreichen Beendigung des Zweiten Weltkrieges strikt an den nationalen Interessen des Landes ausgerichtet. Sie erinnert dabei an eine Variante „klassischer“ auswärtiger Machtpolitik. Von einer expansiv orientierten Politik, etwa im Sinne der Stimulierung revolutionärer Situationen im Westen Europas, gar vom Versuch eines dorthin versuchten „Revolutionsexportes“, konnte keine Rede sein. Eher war die Führung der UdSSR bestrebt, mäßigend auf die hier wirkenden kommunistischen Parteien und revolutionären Bewegungen einzuwirken. Sehr zugespitzt formuliert: Auch eine nicht-kommunistische Regierung hätte sich so oder ähnlich verhalten.
Zweitens: Die Außenpolitik der Sowjetunion war in ihrem Kern defensiv ausgerichtet. Sie verfolgte besonders die folgenden Zielsetzungen: die Verhinderung der Entstehung eines neuen „antibolschewistischen“ Cordon sanitaire an ihren westlichen Grenzen; die Verhinderung einer Einbeziehung des ökonomischen Potenzials sowie der anderen Ressourcen Deutschlands in eine der Sowjetunion feindlich gesinnte Allianz71; die Schaffung möglichst günstiger äußerer Bedingungen für den Wiederaufbau des in weiten Teilen zerstörten Landes; daraus resultierend die Aufrechterhaltung guter Beziehungen zu den westalliierten Partnern des Zweiten Weltkrieges, insbesondere zu den USA; die Schaffung einer von ihr dominierten Einfluss-Sphäre in Mittel- und Osteuropa, eines „umgedrehten“ Cordon sanitaire, wobei von vornherein nicht ausgemacht war, dass die davon betroffenen Staaten das Gesellschaftssystem der Sowjetunion annehmen müssten. Dies änderte sich jedoch 1947/48. Aus der Sicht der sowjetischen Führung handelte es sich bei der Truman-Doktrin und beim Marshallplan um gegen die UdSSR gerichtete, aggressive politische Handlungen. Sie unterstützten und beschleunigten – mit den Worten von Gerhard Keiderling – „die Sowjetisierung der osteuropäischen Staaten. Der kommunistische Staatsstreich in der Tschechoslowakei im Februar 1948, die zeitgleiche Umwandlung Ungarns in eine ‚Volksrepublik’ und die rigorose Disziplinierung der polnischen Nationalkommunisten um Wladyslaw Gomulka waren aus Moskauer Sicht Maßnahmen, die der Konsolidierung des eigenen Imperiums dienten.“72
Drittens: Die Deutschland-Politik der UdSSR war an der Einheit Deutschlands orientiert.73 Die Gründung der DDR 1949 – nach der Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland – war ein reversibler Akt. Die so genannten Stalin-Noten von 1952 dokumentierten, dass die Existenz der DDR auf schwankenden Füßen stand, sollte es gelingen, die Schaffung eines neutralen, bürgerlich-demokratischen, der Sowjetunion nicht feindlich gesinnten, friedfertigen, einheitlichen deutschen Staates zu erreichen. Deshalb nahm die sowjetische Führung, in Sonderheit Josef Stalin persönlich, eine eher reservierte Haltung gegenüber allen Bestrebungen der SED ein, in der SBZ bzw. in der DDR den Aufbau des Sozialismus in Angriff zu nehmen oder ihn zu forcieren.74 „Viele hundert voneinander unabhängige Zeugnisse aus dem ersten Nachkriegsjahrzehnt belegen“, so resümiert Wilfried Loth, „dass Stalin ein demokratisches Nachkriegsdeutschland anstrebte...“75
Viertens: Demgegenüber setzte sich in den Vereinigten Staaten nach dem Tod von Franklin D. Roosevelt eine solche Variante der Außenpolitik durch, die von der Durchsetzung der ökonomischen, politischen und militärischen Suprematie des Landes überall in der Welt, nicht zuletzt in Europa, geprägt war. Dabei spielte die Existenz prinzipiell offener Märkte, der ungehinderte Zugang zu den wichtigsten Rohstoffen, vor allem das Erdöl betreffend, und die Durchsetzung des ökonomischen Wiederaufbaus in Europa und Asien nach kapitalistischem Muster die entscheidende Rolle.76 Von Empathie mit der geschundenen Sowjetunion, die einen herausragenden Anteil an der Niederringung des deutschen Faschismus und japanischen Militarismus und damit am gemeinsamen Sieg der Alliierten hatte, konnte keine Rede sein.
Fünftens: Der Kalte Krieg als ein zwischen den USA und der Sowjetunion ausgeführter weltweiter Konflikt mit allen denkbaren Mitteln, außer mit denen des Krieges zwischen diesen beiden Staaten, setzte sich seit 1947/48 als dominierende Tendenz in den internationalen Beziehungen durch. Die hauptsächliche Verantwortung hierfür tragen die damals Herrschenden in den USA. Bereits 1948 wurden die ersten detaillierten Kriegsplanungen gegen die Sowjetunion ausgearbeitet, die vor allem den unverzüglichen Einsatz von Atombomben beinhalteten.
Sechstens: Die Berliner Krise 1948/49 stellte den ersten gefährlichen Höhepunkt in der weltweiten Auseinandersetzung zwischen den USA und der UdSSR dar. Angesichts der Gefahr, dass die militärischen Kräfte beider Staaten, anders als im 1950 ausbrechenden Korea-Krieg, unmittelbar militärisch aufeinander treffen konnten, war die Gefahr eines über Nacht entstehenden Krieges zwischen ihnen nicht auszuschließen. Da die Sowjetunion damals noch nicht über Atomwaffen verfügte, wäre der Ausgang eines solchen Konfliktes zugunsten der USA zweifelsfrei gewesen.
Siebtens: Die UdSSR hatte gute Gründe, die Sperrung der Zugänge auf dem Lande nach Westberlin zu verfügen – angesichts der eskalierenden, gegen die gemeinsamen Beschlüsse von Jalta und Potsdam gerichteten Handlungen der USA und Großbritanniens, insbesondere der Vorbereitungen zur Schaffung eines separaten deutschen „Weststaates“ sowie nach der von ihnen verfügten einseitigen Währungsreform in den Westzonen bzw. in den Westsektoren Berlins. Dabei stand – jedenfalls am Beginn der „Blockade“ – eine gewichtige strategische Überlegung im Mittelpunkt: die Westmächte zu veranlassen, sich dauerhaft aus ihren Sektoren in Berlin zurückzuziehen. Das Kalkül der sowjetischen Führung ging bekanntlich nicht auf. Weder zogen die Westmächte aus Berlin ab, noch nahmen die Bewohner der Westsektoren Berlins in Größenordnungen das Angebot des Ost-Berliner Magistrates an, sich im sowjetisch besetzten Sektor kontinuierlich mit Lebensmitteln zu versorgen. Stattdessen bewirkte die Blockade – stimuliert durch die hasserfüllte Propaganda der US-amerikanischen und bürgerlichen sowie sozialdemokratischen Medien – die Herausbildung eines militant antikommunistischen und antisowjetisch geprägten „Westberlinertums“. Begünstigt wurde diese sich rasch entwickelnde antikommunistische Mentalität durch die Nachwirkungen der entsprechenden „antibolschewistischen“ Nazi-Propaganda, aber auch von undemokratischen und willkürlichen Handlungen der Sowjetischen Militäradministration und der SED in der SBZ sowie durch die beginnende „Sowjetisierung“ mittel- und osteuropäischer Staaten.
Achtens: Ungeachtet alles dessen: Die Berliner Krise von 1948/49 belegt, dass der Kalte Krieg kein unabwendbares Schicksal darstellte. Auch auf Seiten der Westmächte existierten in Zeiten zugespitzter Konfrontation – aus welchen Motiven auch immer – Vorstellungen und Konzeptionen, die von der Möglichkeit ausgingen, auf dem Verhandlungswege zu einer Lösung der Konflikte mit der UdSSR zu gelangen. Ihre legitimen Interessen sollten dabei zumindest teilweise eine angemessene Berücksichtigung finden. Dass nicht sie, sondern die Protagonisten eines aggressiven politischen Kurses gegen die Sowjetunion sich durchsetzen konnten, ging auf Kosten der Stadt Berlin, Deutschlands und Europas. Die tiefer liegenden Ursachen hierfür können an dieser Stelle nicht analysiert und bewertet werden. Man wird aber von der Wahrheit nicht weit entfernt sein, wenn man die ökonomischen, militär-strategischen und politischen Interessen des aufstrebenden, aggressiven Militär-Industrie-Komplexes (diesen Begriff prägte Dwight D. Eisenhower77) der Vereinigten Staaten dabei ins Visier nähme.
So bleibt abschließend festzuhalten: Die Berliner Krise der Jahre 1948/49 war ein erster Höhepunkt des Kalten Krieges, der sich auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer von neuem in und um Berlin zuspitzen sollte. Diese Krise mit „Blockade“, „Gegenblockade“ und „Luftbrücke“ bildete dabei, wie es der Staatssekretär im britischen Außenministerium, Hector McNeil, zutreffend ausdrückte, eine „taktische Episode im strategischen Kampf um ganz Deutschland“78.
1 Bei diesem Beitrag handelt es sich um die stark erweiterte und überarbeitete Fassung des unter dem gleichen Titel veröffentlichten Artikels in der Broschüre: „Berlin ist einen Krieg wert...“ Währungsreform, Luftbrücke, Spaltung Berlins – Die Berliner Krise 1948/1949, Berlin 2008 (Beiträge zur Berliner Geschichte des Arbeitskreises Geschichte bei der DKP Neukölln, H.1), S. 26ff.
2 Aus Platzgründen wird die Außenpolitik Großbritanniens und Frankreichs in den Jahren nach 1945, insbesondere ihre Besatzungspolitik in Deutschland, fast vollständig ausgeblendet. Aufgrund der seit den späten siebziger Jahren vollzogenen Öffnung der britischen Archive, existiert mittlerweile eine große Anzahl von Publikationen – auch von deutschen Autoren –, die sich mit der Politik Großbritanniens in der Zeit des beginnenden Kalten Krieges befassen. Vgl. z.B. Claus Scharf u. Hans-Jürgen Schröder, Hrsg., Die Deutschlandpolitik Großbritanniens und die Britische Zone 1945-1949, Wiesbaden 1979; Falk Pingel, „Die Russen am Rhein!“ Zur Wende der britischen Besatzungspolitik im Frühjahr 1946, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (im Folgenden: VfZ), 30. Jg., 1982, H. 1, S. 98ff.; Josef Foschepoth, Britische Deutschlandpolitik zwischen Jalta und Potsdam, in: ebenda, H. 4, S. 675ff.; Rolf Steininger, Die britische Deutschlandpolitik in den Jahren 1945/46, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 1-2/1982, S. 28ff.; Josef Foschepoth u. Rolf Steininger, Hrsg., Die britische Deutschland- und Besatzungspolitik 1945-1949, 2. Aufl., Paderborn 1990: John Farquharson, Großbritannien und die deutschen Reparationen nach dem Zweiten Weltkrieg, in: VfZ, 46. Jg., 1998, H. 1, S. 43ff.
3 Die Literatur zu dieser Thematik ist selbst für Spezialisten auf diesem Gebiet kaum noch überschaubar. Zur Einführung vgl. z.B. David Horowitz, The Free World Colossus. A Critique of American Foreign Policy in the Cold War, revisited edition, New York 1971; Thomas H. Etzold u. John Lewis Gaddis, Containment. Documents on American Policy and Strategy 1945-1950, New York 1978; Daniel Yergin, Der zerbrochene Frieden. Der Ursprung des Kalten Krieges und die Teilung Europas, Frankfurt a.M. 1979; Wilfried Loth, Die Teilung der Welt. Geschichte des Kalten Krieges 1941-1955, 2. Aufl., München 1982; Helmut Wolfgang Kahn, Der Kalte Krieg. Band 1: Spaltung und Wahn der Stärke 1945-1955, Köln 1986; Gregg Herken, The Winning Weapon. The Atomic Bomb in the Cold War 1945-1950, Princeton, N.J. 1988; Mary Kaldor, Der imaginäre Krieg. Eine Geschichte des Ost-West-Konflikts, Hamburg u. Berlin 1992; J.P.D. Dunbabin, The Cold War: The Great Powers and their Allies, London u. New York 1994; Bernd Stöver, Die Befreiung vom Kommunismus. Amerikanische „Liberation Policy” im Kalten Krieg 1947-1991, Köln u.a. 2002. Einen guten Eindruck zur Entwicklung der Forschung bis ca. 1980 vermitteln die folgenden Literaturberichte in der „Neuen Politischen Literatur”: Werner Link, Die amerikanische Außenpolitik aus revisionistischer Sicht, in: ebenda, 16. Jg., 1971, S. 205ff.; Hans-Jürgen Schröder, Zur Genesis des Kalten Krieges, in: ebenda, 21. Jg., 1976, S. 488ff.; Hans Günter Brauch, Amerikanisch-sowjetische Beziehungen: Vom Kalten Krieg zur Entspannung?, in: ebenda, 24. Jg., 1979, S. 513ff.; Wolfgang Krieger, Die amerikanischen Atomwaffen und der Kalte Krieg, 1945-1950, in: ebenda, 28. Jg., 1983, S. 209ff. (stark apologetisch). Vgl. auch: Rüdiger Horn, Die „New Left History“ in den USA über den kalten Krieg, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (im Folgenden: ZfG), 25. Jg., 1977, H. 7, S. 803ff. Sehr informative Lexikon-Artikel zur Thematik: Gustav Schmidt, The Cold War, in: Encyclopedia of the Social and Behaviorial Sciences, Vol. 3.7, London 2001, S. 2194ff. u. Werner Schmidt, Kalter Krieg, in: Historisch-Kritisches Wörterbuch des Marxismus, hrsg. v. Wolfgang Fritz Haug, Frigga Haug u. Peter Jehle, Bd. 7/1, Hamburg 2008, Sp. 21ff. Neuere Forschungen werden diskutiert von Bernd Greiner, Zwischenbilanzen zum Kalten Krieg, in: Mittelweg 36, Heft 3/2007, S. 51ff. Vor einigen Jahren erschienen zwei kurz gefasste Darstellungen zur Geschichte des Kalten Krieges in deutscher Sprache: Rolf Steiniger, Der Kalte Krieg, Frankfurt a.M. 2003 (eine allerdings weitgehend unkritisch die Politik der USA interpretierende Darstellung) u. Bernd Stöver, Der Kalte Krieg, München 2003.
4 Gerhard Keiderling, „Rosinenbomber“ über Berlin. Währungsreform, Blockade, Luftbrücke, Teilung. Die schicksalsvollen Jahre 1948/49, Berlin 1998, S. 302.
5 Vgl. Mirjam Kölling Großbritanniens Stellung im imperialistischen System am Ende des Zweiten Weltkrieges, in: ZfG, 23. Jg., 1975, H. 9, S. 1001ff.; dieselbe, Führungsmacht in Europa? Großbritanniens Anspruch und Scheitern 1944-1950, Berlin 1984, S. 8ff., 25ff. u. 122ff.; Der britisch-amerikanische Anleihevertrag, in: Europa-Archiv, 1. Jg., Juli 1946-Juni 1947, 2. Folge, August 1946, S. 77ff.; Großbritanniens Kampf um seine Stellung in der Weltwirtschaft, in: ebenda, 8./9. Folge, Februar-März 1947, S. 441ff.
6 Der Wert der von den USA ihren Alliierten überlassenen Waffen und Ausrüstungen betrug insgesamt ca. 50 Milliarden Dollar.
7 Zahlenangaben nach: Hans Jäger, Geschichte der amerikanischen Wirtschaft im 20. Jahrhundert, Wiesbaden 1973, S. 123f. u. Helmut Wolfgang Kahn, Der Kalte Krieg, S. 12.
8 Vgl. Elena Zubkova, Die sowjetische Gesellschaft nach dem Krieg. Lage und Stimmung der Bevölkerung 1945/46, in: VfZ, 47. Jg., 1999, H. 3, S. 365f.
9 Vgl. ebenda, S. 370 u. 378.
10 Vgl. Wilfried Loth, Die Teilung der Welt, S. 83.
11 Vgl. Der erste Nachkriegs-Fünfjahresplan der Sowjetunion, in: Europa-Archiv, 1. Jg., Juli 1946-Juni 1947, 8./9. Folge, Februar-März 1947, S. 445ff.; Die Verbrauchgüterproduktion in der Sowjet-Union unter dem neuen Fünfjahresplan, in: ebenda, 2. Jg., Juli 1947-Dezember 1947, 4. Folge, S. 925ff.; Der Beschluss über die Währungsreform und die Abschaffung der Rationierung in der Sowjetunion vom 14. Dezember 1947, in: ebenda, 3. Jg., 3. Folge, März 1948, S. 1225ff.
12 Der sowjetische Außenminister Molotow übermittelte diese Bitte dem US-amerikanischen Botschafter in Moskau, W. Averell Harriman, in einem Gespräch am 9. Januar 1945.
13 Vgl. Wilfried Loth, Stalins ungeliebtes Kind. Warum Moskau die DDR nicht wollte, München 1996, S. 67 u. 86f.
14 Potsdamer Abkommen. Ausgewählte Dokumente zur Deutschlandfrage 1943 bis 1949. Mit einem Vorwort von Stefan Doernberg, Berlin 1970, S. 65.
15 Dokumente zur Deutschlandpolitik. II. Reihe, Bd. 1: Die Konferenz von Potsdam, Erster Drittelband, hrsg. v. Bundesministerium des Innern, Neuwied u. Frankfurt a.M. 1992, S. 609.
16 Die Debatten der westalliierten Mächte über die völkerrechtliche Zukunft des Ruhrgebietes und zu den eigentumsrechtlichen Ftagen der dortigen Schwerindustrie (Drei- bzw. Viermächtekontrolle? Schaffung einer internationalen Ruhrbehörde? Verstaatlichung der Schwerindustrie? Vorgeschichte der Konstituierung des Landes Nordrhein-Westfalen usw.) hat Rolf Steininger vor allem anhand der britischen Akten bis in die Details erforscht. Vgl. u.a. seine folgenden Arbeiten: Die Rhein-Ruhr-Frage im Kontext britischer Deutschlandpolitik 1945/46, in: Politische Weichenstellungen im Nachkriegsdeutschland 1945-1953, hrsg. v. Heinrich August Winkler, Göttingen 1979, S. 111ff.; Reform und Realität. Ruhrfrage und Sozialisierung in der anglo-amerikanischen Deutschlandpolitik 1947/48, in: VfZ, 27. Jg., 1979, H. 2, S. 167ff.; Die Sozialisierung fand nicht statt, in: Josef Foschepoth u. Rolf Steininger, Hrsg., Die britische Deutschland- und Besatzungspolitik 1945-1949, S. 135ff.
17 Vgl. Elena Zubkova, Die sowjetische Gesellschaft nach dem Krieg, S. 380.
18 Joseph C. Grew, Turbulent Era. A Diplomatic Record of Forty Years: 1904-1945, edited by Walter Johnson, Vol. II, Boston 1952, S. 1445. Übersetzung und Hervorhebungen von mir-R.Z.
19 George F. Kennan, Memoiren eines Diplomaten. Memoirs 1925-1950, 3. Aufl., Stuttgart 1968, S. 262f. Hervorhebungen von mir-R.Z. Diese Aufzeichnung Kennans entstand im Sommer 1945. Ein genaues Datum konnte der Autor nicht mehr rekonstruieren.
20 Vgl. zu dieser Thematik insbesondere die im Folgenden genannten Arbeiten von Karl Drechsler: Von der Antihitlerkoalition zum Kalten Krieg. Überlegungen zur Außen-, Sicherheits- und Militärpolitik der USA 1943-1947/48, in: ZfG, 32. Jg., 1984, H. 10, S. 847ff.; Die USA zwischen Antihitlerkoalition und Kaltem Krieg, Berlin 1986; Hrsg., Alternative Concepts of United States Foreign Policy 1943-1947. European and Global Aspects of Postwar Relations with the Soviet Union, Berlin 1992; Prioritäten amerikanischer Außen- und Sicherheitspolitik 1947/48 und die deutsche Frage, in: Utopie kreativ, Heft 96, Oktober 1998, S. 13ff.
21 Gunther Mai, Containment und militärische Intervention. Elemente amerikanischer Außenpolitik zwischen der Griechenland-Krise von 1946/47 und dem Koreakrieg von 1950, in: VfZ, 32. Jg., 1984, H. 4, S. 491. Hervorhebungen von mir-R.Z.
22 Ebenda, S. 507, unterstellt Mai sogar einen unauflöslichen Zusammenhang zwischen „containment” und „brinkmanship”, wenn er schreibt: „Die Politik der Eindämmung…schloss als ihre letzte Konsequenz notwendig die militärische Befreiung ein; sie akzeptierte, da die zu befreienden Gebiete jeweils an die Sowjetunion angrenzten, damit ein atomares ‚brinkmanship’.“ Hervorhebungen von mir-R.Z. Bernd Stöver, Die Befreiung vom Kommunismus, spricht auf S. 88 in diesem Zusammenhang von einer „integrativen Doppelstrategie“.
23 John C. Donovan, The Cold Warriors. A Policy-Making Elite, Lexington (Mass.)-Toronto-London 1974, S. 294f. Übersetzung von mir-R.Z.
24 Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1: Adenauer und die Hohen Kommissare 1949-1951, hrsg. v. Hans-Peter Schwarz, München 1989, S. 226. Hervorhebungen von mir-R.Z.
25 Die Sowjetunion als Adressat war von Truman nicht ausdrücklich genannt worden, auch von Militärhilfe für antikommunistische Regimes war nicht expressis verbis die Rede, jedoch, so schreibt der Historiker Wolfgang Krieger, „wusste jedermann, wen der Präsident eigentlich meinte“. Es kam hinzu, dass diese Ansprache vom Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Senats dringend erbeten worden war, um von den Parlamentariern mit Hilfe dieser „drastischen Lagebeschreibung“ eine Erhöhung des Militäretats um 400 Millionen US-Dollar genehmigt zu bekommen. Vgl. Wolfgang Krieger, General Lucius D. Clay und die amerikanische Deutschlandpolitik 1945-1949, Stuttgart 1987, S. 207. Die Ansprache Trumans ist u.a. nachlesbar in: Documents on International Affairs 1947-1948. Selected and edited by Margaret Carlysle, London-New York-Toronto 1952, S. 2ff.
26 Wortlaut der Ansprache Marshalls in: ebenda, S. 23ff.
27 Wolfgang Benz, Berlin-Blockade und Weststaatgründung, in: ZfG, 46. Jg., 1998, H. 6, S. 490.
28 Keesings’s Archiv der Gegenwart, XVI u. XVII. Jg., 1946 u. 1947, S. 1068F. Zu Johnsons Biographie: The International Yearbook and Statesmen’s Who’s Who 1955, edited by L. G. Pine, London 1955, S. 984.
29 Falk Pingel, „Die Russen am Rhein?“, S. 115.
30 Vgl. Wilfried Loth, Stalins ungeliebtes Kind, S. 117ff.
31 Lucius D. Clay, Entscheidung in Deutschland, Frankfurt a.M. 1950, S. 387. Hervorhebungen von mir-R.Z.
32 Um ein antifaschistisch-demokratisches Deutschland. Dokumente aus den Jahren 1945-1949, hrsg. v. Ministerium f. Auswärtige Angelegenheiten der DDR u. v. Ministerium f. Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR, Berlin 1968, Nr. 211, S. 616.
33 Wilfried Loth, Die Teilung der Welt, S. 223f.
34 Vgl. hierzu Gerhard Keiderling, „Rosinenbomber“ über Berlin, S. 24ff. u. 86ff.
35 Bernd Stöver, Die Befreiung vom Kommunismus, S. 171.
36 Robert Murphy, Diplomat among warriors, Garden City 1964, S. 311f. Übersetzung von mir-R.Z.
37 Vgl. hierzu: John H. Backer, Die deutschen Jahre des Generals Clay. Der Weg zur Bundesrepublik 1945-1949, München 1983, S. 267ff.
38 Gerhard Keiderling, „Rosinenbomber“ über Berlin, schreibt auf S. 271, dass die Zahl der Westberliner, die mit ihren Lebensmittelkarten regelmäßig im Ostsektor der Stadt Lebensmittel einkauften, im Zeitraum von August 1948 bis Januar 1949 von 21.000 auf ca. 69.000 angestiegen sei.
39 Zum Folgenden vgl. die aufschlussreichen Erinnerungen von Fritz Selbmann, Die Währungsreform im Jahre 1948 und die „Berliner Blockade“. Ihre Bedeutung für die Spaltung Deutschlands, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung (im Folgenden: BzG), 14. Jg., 1972, H. 2, S. 260ff.
40 Zu diesem Thema vgl. u.a. Gerhard Keiderling, „Rosinenbomber“ über Berlin, S. 105ff.
41 General Chamberlin war „Director of Intelligence“ im Generalstab der US-Armee.
42 Zitiert nach: Gerhard Keiderling, Der Mythos von der „sowjetischen Gefahr“ und die Gründung der NATO, in: ZfG, 24. Jg., 1976, H. 10, S. 1099. Hervorhebungen von mir-R.Z.
43 George F. Kennan, Memoiren eines Diplomaten, S. 401.
44 Vgl. hierzu Melvyn P. Leffler, The American Conception of National Security and the Beginnings of the Cold War, 1945-1948, in: The American Historical Review, Vol. 89, 1984, No. 2, S. 349ff., der die systematische Planung der Anlage von Militärstützpunkten weltweit und – diese Planung begleitend – von Überflugrechten, Militär- und Wirtschaftshilfe für die betreffenden Staaten, in denen die Stützpunkte angelegt wurden, akribisch aus den Akten rekonstruiert.
45 Vgl. Jochen Paul, Die USA und die Vorbereitungen zur Gründung des NATO-Paktes (1948/49), in: ZfG, 24. Jg., 1976, H. 7, S. 776ff.
46 Vgl. Melvyn P. Leffler, The American Conception of National Security and the Beginnings of the Cold War, S. 360ff.; George Bailey, Sergej A. Kondraschow u. David E. Murphy, Die unsichtbare Front. Der Krieg der Geheimdienste im geteilten Berlin, Berlin 2000, S. 72ff., bes. 82ff.; Tim Weiner, CIA: Die ganze Geschichte, 4. Aufl., Frankfurt a.M. 2008, S. 60f.
47 Das Folgende nach: Foreign Relations of the United States 1948. Vol. II: Germany and Austria, Washington 1973, S. 956ff.
48 Vgl. ebenda, S. 958, Anm. 2: “…to send guarded envoys, reinforced with troops the Soviet Zone to Berlin.”
49 Vgl. CIA, ORE 57-48, published 28 September 1948: Consequences of a Breakdown in Four-Power Negotiations on Germany, Top secret, S. 7: “It is extremely doubtful that the UK would agree to the use of armed convoys, and it is almost certain that the French would not. In general, Western Europe is not likely to support this step as an attempt to solve the Berlin impasse.” http://www.trumanlibrary.org/whistlestop/study_collections/berlin_airlift/large/index.php?action=docs
50 Zur Stationierung und zu möglichen Einsätzen der B-29-Bomber vgl. Wolfgang Krieger, General Lucius D. Clay und die amerikanische Deutschlandpolitik, S. 388ff.; Daniel Yergin, Der zerbrochene Friede, S. 363; bes. ausführlich hierzu: Gregg Herken, The Winning Weapon, S. 256ff.; Gerhard Keiderling, „Rosinenbomber“ über Berlin, S. 154ff.
51 Die Angaben in der Literatur zu diesem Thema sind unterschiedlich. Zum Beispiel bestreitet Gerhard Keiderling, „Rosinenbomber“ über Berlin, S. 134ff., dass B-29-Bomber an der Luftbrücke überhaupt teilgenommen hätten.
52 Zitiert nach: Wolfgang Krieger, General Lucius D. Clay und die amerikanische Deutschlandpolitik, S. 390, Anm. 65. Bemerkenswerter Weise versteckt der Autor diese überaus bedeutsame Formulierung des Oberbefehlshabers der US-Streitkräfte in Europa, die Forrestal in sein Tagebuch niederschrieb, etwas verschämt in einer Fußnote!
53 Zitiert nach: Leslie Howard Gelb, Anglo-American Relations 1945-1949. Toward a Theory of Alliances, New York u. London 1988, S. 136. Übersetzung von mir-R.Z.
54 Vgl. David Alan Rosenberg, The Origins of Overkill: Nuclear Weapons and American Strategy, in: The National Security. Its Theory and Practice, edited by Norman A. Graebner, New York u. Oxford 1986, S. 131 u. Melvyn P. Leffler, The American Conception of National Security and the Beginnings of the Cold War, 1945-1948, S. 372.
55 Zitiert nach: David Alan Rosenberg, The Origins of Overkill, S. 130. Übersetzung von mir-R.Z.
56 Über die damaligen Kriegsplanungen der US-amerikanischen Streitkräfte gegen die UdSSR vgl. auch die folgenden, überaus wichtigen Dokumentationen: Thomas H. Etzold u. John Lewis Gaddis, Containment; Bernd Greiner u. Kurt Steinhaus, Auf dem Weg zum 3. Weltkrieg? Amerikanische Kriegspläne gegen die UdSSR. Eine Dokumentation, Köln 1980. Vgl. auch Anthony Cave Brown, Hrsg., Dropshot. The United States Plan for War with the Soviet Union in 1957, New York 1978 u. Gregg Herken, The Winning Weapon, S. 248ff. Im März 1948 formulierte der Nationale Sicherheitsrat der USA das Dokument „NSC 7”, in dem „die Niederschlagung der Kräfte des sowjetisch gelenkten Weltkommunismus“ als Voraussetzung „für die Sicherheit der Vereinigten Staaten lebenswichtig“ gefordert wurde. Weiter hieß es u.a.: „Dieses Ziel kann durch eine defensive Politik nicht erreicht werden.“ Foreign Relations of the United States of America 1948, Vol I, Part 2, Washington 1976, S. 546ff.; deutsche Übersetzung in: Bernd Greiner u. Kurt Steinhaus, Auf dem Weg zum 3. Weltkrieg, S. 124ff.
57 Eine Zusammenfassung der Gespräche in Moskau findet sich bei Joachim Mitdank, Blockade gegen Blockade. Die Berliner Krise 1948/49, in: BzG, 36. Jg., 1994, H. 3, S. 44ff. u. Gerhard Keiderling, „Rosinenbomber“ über Berlin, S. 172ff.
58 Zitiert nach: Michael W. Wolff, Die Währungsreform in Berlin 1948/49, Berlin u. New York 1991, S. 170. Übersetzung von mir-R.Z.
59 Völlig apologetisch und irreführend ist in diesem Zusammenhang die Darstellung bei John H. Backer, Die deutschen Jahre des Generals Clay, S.279ff. Michael W. Wolff weist nach, dass selbst im State Department ein hohes Maß an Misstrauen gegenüber Clay anzutreffen war. Der von dort aus dem Militärgouverneur übermittelte Vorschlag, ihm eigens für diese Verhandlungen einen oder mehrere Berater unterstützend zur Seite zu stellen, wurde von Clay brüsk zurückgewiesen. Vgl. Michael W. Wolff, Die Währungsreform in Berlin, S. 169f. Zur Rolle Clays bei diesen Verhandlungen vgl. auch Gerhard Keiderling, „Rosinenbomber“ über Berlin, S. 178ff.
60 Vgl. Michael W. Wolff, Die Währungsreform in Berlin, S. 188.
61 Vgl. V.N. Vysockij, Die deutschen Angelegenheiten auf den internationalen Beratungen der Jahre 1948 und 1949, in: ZfG, 23. Jg., 1975, H. 4, S. 394ff.
62 Gerhard Keiderling, „Rosinenbomber“ über Berlin, S. 302.
63 Stefan Doernberg, Zur Deutschlandpolitik der Sowjetunion, in: Utopie kreativ, Heft 96, Oktober 1998, S. 25.
64 Ebenda.
65 Über „die Russen“ und über uns. Diskussion über ein brennendes Thema, Berlin o.J. (1949), S. 20. Das Zitat stammt aus dem Diskussionsbeitrag von Prof. Steiniger. Den Artikel im „Neuen Deutschland“ bzw. der „Täglichen Rundschau“ hatte der Chefredakteur der „Berliner Zeitung“ Rudolf Herrnstadt verfasst, der kurz darauf die Chefredaktion des ND übernahm.
66 Vgl. Wilfried Loth, Stalins ungeliebtes Kind, S. 40ff.
67 Vgl. zu dieser Thematik: Andreas Malycha, Die SED. Geschichte ihrer Stalinisierung 1946-1953, Paderborn u.a. 2000, S. 278ff. Die grundlegende These des Autors, dass sich die SED bereits seit ihrer Gründung im April 1946 zielgerichtet „stalinisiert“ und sich dabei zu einer „Partei neuen Typus“ entwickelt habe - die Geschehnisse des Kalten Krieges hätten dabei nur unterstützend gewirkt - kann nach meiner Auffassung von ihm nicht hinreichend belegt werden. Für Malycha ist „der scheinbare Bruch des Jahres 1948...nicht als Abkehr vom so genannten Gründungskonsens“ der SED zu interpretieren, „sondern als folgerichtiges Ergebnis eines schrittweisen Funktionswandels in den unteren und mittleren Einheiten“ der Partei. Vgl. ebenda, S. 36ff. u. 509ff. Zitat: S. 509. Die Zäsur des Jahres 1948 in der Parteigeschichte der SED und die dabei zu berücksichtigende, entscheidende Bedeutung der 10. bis 15. Tagung des Parteivorstandes für die Entwicklung der SED zu einer „Partei neuen Typs“ arbeitet differenziert heraus: Herbert Mayer, Nur eine Partei nach Stalins Muster? Weichenstellungen für die SED im Jahre 1948, Berlin 1998 (Hefte zur DDR-Geschichte, Nr. 51). Vgl. auch die für diesen Zusammenhang die folgende Dokumentation: Entscheidungen der SED 1948. Aus den Stenographischen Niederschriften der 10. bis 15. Tagung des Parteivorstandes der SED, hrsg. v. Thomas Friedrich, Christa Hübner, Herbert Mayer u. Kerstin Wolf, Berlin 1995. Den vor allem organisatorischen Wandel der SED zur „Partei neuen Typus“ hat Monika Kaiser auf der Basis nach 1989 zugänglich gewordener Akten überzeugend nachgezeichnet: Die Zentrale der Diktatur – organisatorische Weichenstellungen, Strukturen und Kompetenzen der SED-Führung in der SBZ/DDR 1946 bis 1952, in: Historische DDR-Forschung. Aufsätze und Studien, hrsg. v. Jürgen Kocka, Berlin 1993, S. 57ff.
68 In einer Entschließung des Zentralsekretariats der SED vom 3. Juli 1948 („Zur jugoslawischen Frage“) hieß es u.a.: „Die wichtigste Lehre der Ereignisse in Jugoslawien besteht für uns deutsche Sozialisten darin, mit aller Kraft daranzugehen, die SED zu einer Partei neuen Typs zu machen, die unerschütterlich und kompromisslos auf dem Boden des Marxismus-Leninismus steht.“ Vgl. auch die Erklärung des Parteivorstandes der SED v. 16.9.1948 über „Die theoretische und praktische Bedeutung der Entschließung des Informationsbüros über die Lage in der KP Jugoslawiens und die Lehren für die SED“, in der auch unter dem Deckmantel des „Kampfes gegen den Nationalismus“ gegen die Ackermannsche These vom „eigenständigen deutschen Weg zum Sozialismus“ polemisiert wird: Dokumente der SED. Beschlüsse und Erklärungen des Parteivorstandes, des Zentralsekretariats und des Politischen Büros, Bd. II, Berlin 1951, S. 81f. u. 100ff. Zu Ackermanns „Selbstkritik“ auf der 13. Tagung des Parteivorstandes am 16.9.1948 vgl. Entscheidungen der SED 1948, S.378ff.
69 Die hierzu am besten dokumentierte und am differenziertesten argumentierende Darstellung ist m.E. Wilfried Loth, Stalins ungeliebtes Kind. Hier werden vor allem die zeitweilig durchaus vorhandenen Unterschiede in der jeweiligen politischen Strategie Stalins und der SED-Führung, innerhalb derer es immer wieder Unsicherheiten und Meinungsverschiedenheiten zur „gesamtdeutschen“ Perspektive der Partei gab, überzeugend herausgearbeitet. Auch die nicht in jedem Falle deckungsgleichen Positionen führender Repräsentanten der SMAD finden die notwendige Beachtung.
70 Vgl. zu diesem in der Geschichtsschreibung seit Jahrzehnten sehr kontrovers und auch gelegentlich emotional debattierten Thema, dem eine nicht zu überschätzende politische Bedeutung zukommt: Rolf Steiniger, Eine Chance zur Wiedervereinigung? Die Stalin-Note vom 10. März 1952. Darstellung und Dokumentation auf der Grundlage unveröffentlichter britischer und amerikanischer Akten, Bonn 1985; Die Stalin-Note vom 10. März 1952. Neue Quellen und Analysen, hrsg. v. Jürgen Zarusky, München 2002 (darin vor allem: Wilfried Loth, Die Entstehung der Stalin-Note. Dokumente aus Moskauer Archiven, S. 19ff.); Yvonne Kipp, Eden, Adenauer und die deutsche Frage. Britische Deutschlandpolitik im internationalen Spannungsfeld 1951-1953, Paderborn u.a. 2002, S. 95ff.; Peter Ruggenthaler, Hrsg., Stalins großer Bluff. Die Geschichte der Stalin-Note in Dokumenten der sowjetischen Führung, München 2007. Zu Recht sehr kritisch zu Ruggenthaler: Ernst Schumacher, Wer hat Deutschland geteilt?, in: Ossietzky, Heft 7/2008. Internet-Veröffentlichung: http://www.sopos.org/aufsaetze/47f62c2b2f0d9/1.phtml
71 Wilfried Loth, Stalins ungeliebtes Kind, S. 16, schreibt hierzu pointiert: „Geradezu apokalyptische Ängste musste die Vorstellung von einer Allianz des amerikanischen mit dem deutschen Kapital auslösen.“
72 Gerhard Keiderling, „Rosinenbomber” über Berlin, S. 148.
73 Vgl. hierzu die aus den Quellen gearbeitete Darstellung bei Wilfried Loth, Stalins ungeliebtes Kind, S. 20ff.
74 Vgl. ebenda, S. 141ff., 161ff., 175ff.
75 Ebenda, S. 223.
76 Vgl. Melvyn P. Leffler, The American Conception of National Secuity and the Beginnings of the Cold War, S. 356ff.
77 Vgl. Farewell Radio and Television Address to the American People by President Dwight D. Eisenhower, January 17, 1961, in: http://www.eisenhower.archives.gov/speeches/farewell_address.html: „Diese Verbindung immens großer militärischer Streitkräfte mit einer ausgedehnten Rüstungsindustrie ist eine neuartige Erscheinung in unserem Lande. Der gesamte, davon ausgehende Einfluss – ökonomisch, politisch und sogar im geistigen Bereich – ist in jeder Stadt, in jeder Behörde, in jedem Dienststelle unserer Regierung spürbar. Wir anerkennen die absolute Notwendigkeit dieser Entwicklung. Nun aber dürfen wir nicht versäumen, ihre schwer wiegenden Implikationen zu begreifen. Unsere Arbeit, unsere Reichtümer, und unser Lebensstil sind davon betroffen, ebenso wie die Strukturen unserer Gesellschaft. Bei den Beratungen innerhalb der Regierung müssen wir auf das Wachstum unerwünschter Einflussnahmen von Seiten des Militär-Industrie-Komplexes achten, sei er gewollt oder ungewollt. Die Möglichkeiten für ein verheerendes Wachstum von unangebrachter Machtausübung existiert und wird zukünftig weiter bestehen. Wir dürfen niemals durch das Gewicht dieser Kombination unsere Freiheiten und demokratischen Prozeduren gefährden lassen.“ Übersetzung von mir-R.Z.
78 Zitiert nach: George Bailey, Sergej A. Kondraschow u. David E. Murphy, Die unsichtbare Front, S. 96.